UraniaSpiegelpalast Weihnachtsgeschichte Credit RolandBreitschuh 1070078 | MUSICAL TODAY

Eine Weihnachtsgeschichte – Dickens meets Varieté

Glück im Unglück

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oRT
Urania im Spiegelzelt
von
Bettina Montazem (Buch)
Regie
Bettina Montazem
Uraufführung
2025

Charles Dickens’ „Weihnachtsgeschichte“ als stimmungsvolle Musikshow

So traurig für Intendantin Bettina Montazem der plötzliche Verlust ihrer heißgeliebten Spielstätte im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ist – das Urania Theater musste im Herbst wegen irreparabler Bauschäden geschlossen werden –, so glücklich kann sie nun mit ihrem „Spiegelpalast“ sein, der im rechtsrheinischen Mülheim einen neuen Farbtupfer in die Theaterlandschaft setzt. Auch weil sie damit ihrem Alleinstellungsmerkmal in der Kölner Kulturszene – musikalische Shows mit Varieté zu kombinieren – endlich den ihm adäquaten Rahmen bieten kann.

Und so tummelt sich auf der Manegen-artigen Spielfläche des Zelts das Personenarsenal aus Charles Dickens mittlerweile kultgewordener „Weihnachtsgeschichte“ („A Christmas Carol“) aus dem Jahr 1843, die seitdem in zahlreichen Versionen – sei es als Buch, Theaterstück, Hörspiel, Film oder Musical – ihr kleines und großes Publikum gefunden und begeistert hat. Der Geizhals und Menschenfeind Scrooge (wunderbar griesgrämig: Andreas Kunz) wird am Vorabend der Heiligen Nacht von Geistern heimgesucht, die ihm sein vergangenes, gegenwärtiges und zukünftiges Leben eindringlich vor Augen führen, sodass er sich schließlich reumütig zum Menschenfreund wandelt.

Bettina Montazem gewinnt der zeitlosen Geschichte neue Reize ab, indem sie sie ohne Worte, praktisch als Stummfilm inszeniert. Nur ein wie eine Comicfigur quäkender Clown (Noémie Pichereau) wuselt ständig – eher nervend als witzig – durch die Szenerie.

Aber da es sich um eine an das Genre Musical angelehnte Fassung handelt, wird schon beim ersten Song klar, welchen Ton ihre Inszenierung anschlägt. Voller Inbrunst singt Scrooges Neffe „We Wish You a Merry Christmas“. Da klingt schon die Hoffnung auf ein Happy End durch. Es bleibt nicht der einzige Song, mit dem James Williams glänzt. An der Seite von Montazems Tochter Lea Johanna (die die Frau des Neffen spielt) legt er mit „Twelve Days of Christmas” und „Hark! The Herald Angels Sing“ noch zwei stimmungsvolle Duette nach. Auch ein paar Tänzchen wagt das gesanglich und schauspielerisch gut harmonierende Paar, wird dabei allerdings von Oleksii Shcherbliuks Choreografien nicht gerade gefordert, wie auch das internationale Ensemble manchmal wie Kreuzfahrt-Animateure durchs Zuschauerrund tollt, um das Publikum zu einer Polonaise zu animieren. Immerhin rettet Laura Lutgen dann als Zuckerfee mit ihrem grazilen Spitzentanz den Ruf des Balletts.

Natürlich darf auch mitgesungen werden, was vor allem bei den deutschen Weihnachtsliedern „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ und „In der Weihnachtsbäckerei“ dankbar angenommen wird. Gar nicht zum Mitmachen zu Mute ist dem Publikum bei den atemberaubenden Varieté-Nummern: Wenn Lukas Köster gleich sechs durch die Luft „schießende“ Bälle einfängt oder Julia Grote, Klára Frühaufová und Petr Halko in einem überdimensionalen Hula-Hoop-Reifen unter dem „Zirkus“-Dach zu artistisch-poetischen Bildern verschmelzen. Leider hört man keine Songs aus dem Original-„Scrooge“-Musical von Leslie Bricusse, dafür aber die unvermeidlichen Songs aus Animationsfilmen wie „Die Schöne und das Biest“, „König der Löwen“ und „Anastasia“, von denen „Sei hier Gast“ immerhin dem Publikum aus dem Herzen gesprochen scheint: Es hat es offensichtlich genossen, sich in dieser außergewöhnlichen Theater-Atmosphäre auf die Weihnachtszeit einzustimmen.


Musikalische Leitung: James Williams • Regie: Bettina Montazem • Choreografie und Bühne: Oleksii Shcherbliuk • Kostüme: Lea Johanna Montazem • Mit: Andreas Kunz (Scrooge), Noémie Pichereau (Clownin), James Williams (Scrooges Neffe), Lea Johanna Montazem (Frau des Neffen), Lena Leutner (Sängerin), Julia Grote (Verlobte von Scrooge), Lukas Köster (Jongleur), Klára Frühaufová (Tod), Petr Halko (Bob Cratchit), Laura Lutgen (Zuckerfee), Bibi Becker (Märchenoma) • Urania Voices (Sternsinger)

Aufmacherfoto: Roland Breitschuh

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