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35 Mai 13 Stefanie Dietrich Claudio Gottschalk Schmitt Foto Joerg Landsberg | MUSICAL TODAY

Der 35. Mai

Durch den Schrank in Traumwelten

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Theater Bremen
von
Martin G. Berger, Jasper Sonne und Michael Ellis Ingram (Musik & Gesangstexte)
Martin G. Berger (Buch)
Regie
Martin G. Berger
Uraufführung
2024

„Der 35. Mai“ nach Erich Kästners Roman bleibt zu oberflächlich

Die Latte reichlich hoch gelegt hat der Regisseur selbst: Das neue Kästner-Musical „Der 35. Mai“ sei eine Hommage an die großen Meisterwerke des Genres von „Hello, Dolly!“ bis „Mary Poppins“, verkündete Martin G. Berger schon vor der Uraufführung im Bremer Theater am Goetheplatz. Sozusagen „Supercalifragilisticexpialigetisch!“, um es mit dem erwähnten berühmtesten Kindermädchen der Welt zu formulieren …

Doch wer nach den Sternen greift, kann eben auch rasch auf dem harten Bühnenboden landen – und das nicht allein, weil im Gegensatz zum erwähnten Vergleich die Tanznummern in der Hansestadt Welten von klassischen Broadway-Shows entfernt sind. Nein, es ist vor allem die Musik, für die ein Team aus Berger, Jasper Sonne und Michael Ellis Ingram verantwortlich zeichnet. Sie will einfach kaum Spuren hinterlassen: hier ein Zitat, dort eine Nachahmung, dazwischen Wohlbekanntes und -erprobtes aus Oper und Musical (ohne indes wirklich zum Ohrwurm zu taugen). Trotz mancher Anlehnung an die 1920er Jahre klingt das insgesamt eher funktional als wirklich spritzig. Die Bremer Philharmoniker unter Stefan Klingele mühen sich im Hintergrund der halbrunden (Varieté-)Bühne redlich, doch auch sie vermögen aus dieser Musik keine wirklichen Charakterisierungen oder gar Analysen der Figuren zu schaffen.

Erich Kästner aber unterscheidet sich nun einmal von der „Mary Poppins“-Schriftstellerin P.L. Travers, denn er hat einfach mehr zu bieten als nur eine fantasievolle Geschichte mit einer Botschaft (was etwas Wunderbares sein kann). Und das gerät hier in Bremen bei der Uraufführung des Musicals schon mal in die Mühlen aus Bilderreigen, Gesang und Tanz. Vor allem taugt es aber nicht für jene espritvolle Leichtigkeit, die das Genre gemeinhin funkeln lässt. Auch wenn die Handlung im ersten Moment genau nach Musical klingt: Schließlich ist der 35. Mai ein super Tag, wo einfach alles geht – selbst ein fantasiereicher Deutschaufsatz über ferne Welten für einen eher nüchternen Mathe-Streber wie Konrad. Und so startet der Musterschüler (Claudio Gottschalk-Schmitt vermag sich aus der anfänglichen Verklemmtheit seiner Rolle nicht so wirklich zu lösen) mit seinem schrägen Apotheker-Onkel Ringelhuth (Christoph Heinrich blüht nicht nur stimmlich auf) sowie dem sprechenden und swingenden Zirkuspferd Nero Caballo (in jeder Hinsicht voller Charme und Witz: Stefanie Dietrich) durch den heimischen Kleiderschrank eine Reise in fantastische Weltregionen. Durchs Schlaraffenland, eine Ritterburg, die „Verkehrte Welt“ und Elektropolis geht es schließlich in die Südsee.

Letztere ist in diesem Theater ein glitzernder Nachtclub samt Showtreppe und Dragqueen: nur eines von Sarah-Katharina Karls zahlreichen fantasievollen Bühnenbildern. „Hier ist egal, was man glaubt – in der Südsee ist alles erlaubt.“ Inklusive reichlich Glamour, pittoresken Kostümen (Esther Bialas), großen Showgesten, Lichtzauber und leider auch manch allzu wohlfeiler, woker Botschaft. Auf der Strecke bleiben in diesem oberflächlichen Kontrastprogramm der Weltenwanderung dagegen einige tiefsinnigere Gedanken des Autors. Aber vielleicht taugt dafür auch einfach das Musical-Genre nicht, das eher von simplen Geschichten mit einer klaren Botschaft lebt und vor allem unterhalten will, das eben auf leichte Konsumierbarkeit aus ist. Kästner indes war immer mehr als „nur“ ein glänzender Unterhaltungsautor.


Musikalische Leitung: Stefan Klingele • Choreografie: Marie-Christin Zeisset • Bühne: Sarah-Katharina Karl • Kostüme: Esther Bialas • Licht: Marius Lorenzen • Sounddesign: Charel Bourkel • Video: Stefan Kück • Chor: Karl Bernewitz • Mit: Claudio Gottschalk-Schmitt (Konrad), Christoph Heinrich (Onkel Ringelhuth), Stefanie Dietrich (Nero Caballo), Arvid Fagerfjäll (Herr Brückner/Karl der Große/Mama Rabenaas), Ian Spinetti (Kussmann/August der Starke/Zukunftsmann), Fabian Düberg (Herr Waffelbruch/Fußballmann/Hannibal/Zukunftsmensch 2),  Elisa Birkenheier (Frau Borgmeier/Hauptsoldatin), Ulrike Mayer (Präsident Seidelbast/Fleischermeisterin Sauertopf/Zukunftsmensch 1), Wolfgang von Borries (Julius Cäsar), Yosuke Kodama (Napoleon) u.a. • Opernchor des Theaters Bremen • Bremer Philharmoniker

Aufmacherfoto: Jörg Landsberg

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