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Grease

Time For Rock’n’Roll

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Oper Dortmund
von
Jim Jacobs und Warren Casey (Musik, Buch und Liedtexte)
Frank Thannhäuser (Deutsche Dialoge)
Regie
Gil Mehmert
Uraufführung
1971

Zurück in die High School mit „Grease“

Die Oper Dortmund hat sich in den letzten Jahren auch einen hervorragenden Ruf in der Sparte Musical erworben. Neben Stammgast Gil Mehmert als Regisseur und den Studierenden der Folkwang Universität Essen als Teil des Ensembles wird stets eine brillante Cast zusammengestellt, sodass Menschen aus dem ganzen Land anreisen, um die Shows zu sehen. Waren es in den vergangenen Spielzeiten oft schwere Stoffe wie „Sweeney Todd“ oder „Jekyll & Hyde“, steht in dieser Saison das leichte und unterhaltsame Rock’n’Roll Musical „Grease“ auf dem Programm.

Dass man über dem Rock’n’Roll Dialoge und Handlung ruhig vernachlässigen kann, spürt man deutlich in dieser Inszenierung. Mehmert lässt sein Ensemble die viel zu langen Dialoge in einem extrem hohen Tempo aufsagen – und mit der Tonalität einer schlecht synchronisierten US-Teenie-Serie der 90er Jahre. Das Tempo verlangsamt sich zwar etwas im zweiten Akt, doch dann ist es zu spät, um eine emotionale Verbundenheit zu den Charakteren aufzubauen. Also geht es um die beeindruckenden Choreografien, die großartig interpretierten Songs und die schönen Kostüme, die das Publikum in die 50er zurückversetzen.

Den Rahmen der Show bildet die Idee eines Ehemaligen-Treffens der Rydell High School in der aktuellen Zeit. Der einstige Ballsaal füllt sich nach und nach mit Menschen, die etwa Mitte 80 sein dürften. Erst dann beginnt die Musik und alle sind wieder 17. Kostümbildner Falk Bauer darf aus dem Vollen schöpfen: High-School-Outfits, wehende Röcke, Lederjacken, enge Jeans, viel Pomade im Haar. Andrea Danae Kingston fordert ihr Ensemble zudem im hohen Maße, die Choreografien sind aufwendig, anspruchsvoll, zeitgemäß und modern zugleich. Kurz: Das sieht toll aus, sodass sich das Publikum ganz in diesen Bildern verlieren kann. Kein Wunder also, dass es nach jeder Ensemble-Nummer langanhaltenden Applaus und Jubelrufe gibt.

Viel dazu beigetragen haben die jungen Talente aus Essen, bei denen man jetzt schon sehen kann, wie gut der Jahrgang ist, der 2027 seinen Abschluss machen wird. Die fast 30 Ensemblemitglieder werden wie gewohnt von einigen Musical-Größen angeführt: allen voran Philipp Büttner, der zeitgleich für die Hauptrolle des Tarzans probt, mit der er in Hamburg nur 14 Tage später Premiere feiern wird. Mit jugendlichem Charme, fast einer Spur zu viel Unschuld und wie immer großartigem Gesang fällt er hier vor allem durch sein tänzerisches Können auf. Was bei seiner Interpretation des Hercules schon klar war, zeigt er hier umso mehr: Er ist ein echter Anführer des Ensembles und natürlich seiner Highschool-Gang, der „Burger Palace Boys“.

Ihm zur Seite stehen Antonia Kalinowski als Sandy und Maria-Danaé Bansen als Frenchy. Mit großer Spielfreude führen sie die „Pink Ladys“ an und sorgen für jede Menge Vergnügen auf der Bühne. Ein Hingucker ist auch Markus Schneider als Kenickie, der sein Auto „Greased Lightning“ mehr liebt als alles andere. Schneider ist zwar eine Spur älter als seine Spielpartner, doch gibt er den jugendlichen Draufgänger mit viel Humor und Spielfreude.

Neben dem 1948 Ford De Luxe Cabriolet, das natürlich auf der Bühne steht, führt in Jens Kilians Design eine riesige Treppe von der Bühne in den Orchestergraben. Nutzt das Ensemble die für große Auftritte, ist das besonders sehenswert. Die Band unter Leitung von Stephan Kanyar ist hinten auf der Bühne platziert und legt ebenfalls ein sehr hohes Tempo vor, das sich in das Gesamtbild einfügt. Leider überzeugt das Sounddesign von Joerg Grünsfelder (noch) nicht. Oft sind einzelne Darstellerinnen und Darsteller nicht zu hören und gehen im Band-Sound unter.

Insgesamt ist „Grease“ in Dortmund ein unterhaltender Abend mit einem wunderbaren Ensemble, wenn die Produktion auch vermutlich nicht so lange nachhallen wird wie die herausragenden Inszenierungen der letzten Jahre.


Musikalische Leitung: Stephan Kanyar • Regie: Gil Mehmert • Choreografie: Andrea Danae Kingston • Bühne: Jens Kilian • Kostüme: Falk Bauer • Licht: Michael Grundner • Sounddesign: Joerg Grünsfelder • Mit: Philipp Büttner (Danny Zuko), Antonia Kalinowski (Sandy Dumbrowski), Maria-Danaé Bansen (Betty Rizzo), Friederike Zeidler (Frenchy), Katalin Rohse (Marty Maraschino), Anna Teodora Donosa-Danila (Jan), Markus Schneider (Kenickie Murdock), Pedro Reichert (Doody), Julius Störmer (Roger), Jonathan Guth (Dominic „Sonny“ LaTierri), Kelly Panier (Patty Simcox), Albert Gaßmann (Eugene Florczyk), Giulia Vazzoler (Charlene „Cha-Cha“ DiGregorio), David Jakobs (Vince Fontaine), Brigitte Schirlinger (Miss Lynch), Andrew Chadwick (Teen Angel), Leonard Linzer (Johnny Casino) u.a. • Grease-Band

Aufmacherfoto: Leszek Januszewski

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