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Titanic – Das Musical

Fesselnder Untergang

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Theater für Niedersachsen
von
Maury Yeston (Musik und Liedtexte)
Peter Stone (Buch)
Wolfgang Adenberg (Deutsche Fassung)
Regie
Matthias von Stegmann
Uraufführung
1997

„Titanic“ überzeugt in jeder Minute

Hameln, Itzehoe, Nienburg u.a. können sich freuen, werden sie doch vom Theater für Niedersachsen (tfn) mit seinem diesjährigen Orchestermusical „Titanic“ beglückt. Die Premiere am Stadttheater Hildesheim ist dabei ein triumphales Ausrufezeichen für die Leistungsfähigkeit des Hauses. Orchester, Kinder- und Opernchor, Solisten aus dem Opernensemble und der hauseigenen Musicalcompany fesseln von der ersten Sekunde an. Achim Falkenhausen leitet die tfn-Philharmonie und hat auch die komplexen, für dieses Stück so wichtigen Chornummern von Maury Yeston einstudiert. Das Orchester bietet dabei einen fein ausgewogenen Klang, der die unterschiedlichen Instrumente immer wieder auch solistisch heraushörbar macht und gleichzeitig Mut zum kraftvollen Tutti hat.

Leider funktioniert das Zusammenspiel mit der Tontechnik nicht immer, was die Textverständlichkeit manchmal mildert – der Klang ist zu stark auf die Seiten ausgerichtet. Aber ein Vier-Sparten-Repertoirehaus hat Nachsicht verdient. Das Bemerkenswerteste an dieser Produktion ist, dass die Rollen hausintern besetzt wurden und ein gleichzeitig so routiniertes wie darstellerisch überzeugendes Spiel zu erleben ist: als hätte man es hier mit einem speziell gecasteten Ensemble zu tun, das „Titanic“ schon ein Jahr täglich spielt. Respekt, welche Talente in diesem Theater stecken, auch im Chor! Die Hildesheimer Musicalsparte ermöglicht einen harmonischen Zusammenklang, der nicht, wie es so oft der Fall ist, unterschiedliche Opern- und Musicalerfahrung hörbar werden lässt.

Einige Castmitglieder verdienen eine eigene Erwähnung. Tobias Hieronimi verleiht Kapitän Smith die notwendige Ausstrahlung. Schiffskonstrukteur Thomas Andrews findet in Lorin Goltermann einen absolut überzeugenden Darsteller, ebenso Guido Kleineidam als William Murdoch und seine Offizierskollegen Andrey Andreychik (Charles Lightoller), Christopher Wernecke (in der besuchten Aufführung als Herbert Pitman) und Julian Rohde (Joseph Boxhall). Eddie Mofokeng meistert verschiedene Rollen mit großer Präsenz. Jonas Heinle überzeugt als Funker, wie auch Jack Lukas als Heizer in den emotionalen Momenten. David Soto Zambrana hat eine kleine, aber feine Solistenrolle als Frederick Fleet im Ausguck. Herrlich, wie er mit Eis an Bart und Jacke in einem Ring am Rand des Orchestergrabens sitzt, als würde er oben durch sein Rohr schauen. Es sind diese Kleinigkeiten und kreativen Lösungen, die den Abend so überzeugend machen. Eine besondere Rolle hat traditionell das alte jüdische Paar Isidor und Ida Straus inne, das gemeinsam auf dem sinkenden Schiff bleibt. Ihr Liebeslied am Ende des zweiten Aktes gehört zu den Höhepunkten und wird von Jesper Mikkelsen und Silke Dubilier wunderbar anrührend interpretiert. Von den drei Kates in der dritten Klasse bleibt besonders Neele Kramer mit großer Bühnenpräsenz und wunderbarer Stimme in Erinnerung.

Kein leichtes Unterfangen für Bühnen- und Kostümbildner Simon Lima Holdsworth sind die vielen Schauplätze; die Ausstattung muss auf alle Gastspielbühnen passen. Er entschied sich dafür, Tische, Treppen und rauchende Schornsteine aus Koffern und Hutschachteln aufzutürmen, die die Passagiere an Bord bringen. Zusätzlich gibt es rollbare Wandkoffer, die als Tür, Raumteiler und Wände genutzt werden können. In passenden Lichtstimmungen werden so wunderbar kreative Bilder erzeugt, etwa, wenn in den geöffneten Koffern kleine Lichter den Sternenhimmel zeigen oder beim Zusammenstoß Eisbrocken aus dem Wandkoffer fallen. Holdsworths Kostüme sind aufwändig und detailreich. Regisseur Matthias von Stegmann führt das große Ensemble sicher über die kleine Bühne, die manchmal schon sehr eng wird. Er schafft immer wieder fließende Übergänge, bei denen die Choreografie von Gesine Sand hilft. Von Stegmann koordiniert und verantwortet eine in jeder Minute überzeugende Produktion. Ein Mut, der mit ausverkauftem Haus belohnt werden sollte.


Musikalische Leitung: Achim Falkenhausen • Regie: Matthias von Stegmann • Choreografie: Gesine Sand • Ausstattung: Simon Lima Holdsworth • Mitarbeit Kostüm (Damen): Kerstin Joshi • Chorleitung: Achim Falkenhausen • Mit: Tobias Hieronimi (Captain E. J. Smith), Lorin Goltermann (Thomas Andrews), Guido Kleineidam (William Murdoch, 1. Offizier), Andrey Andreychik (Charles Lightoller, 2. Offizier), Ömer Örgey/Christopher Wernecke * (Herbert Pitman, 3. Offizier/Henry Etches, Steward), Julian Rohde (Joseph Boxhall, 4. Offizier/Edgar Beane), Eddie Mofokeng (Mr. Bell, Chefheizer/Jim Farrell/Bassist), Jack Lukas (Frederick Barrett, Heizer), Jonas Heinle (Harold Bride, Funker/Wallace Hartley), David Soto Zambrana (Frederick Fleet, Ausguck), Chun Ding (Robert Hitchens, Steuermann), Daniel Wernecke (Mr. DaMico, Tänzer/J. Bruce Ismay), Natalie Patricia Friedrich (Mrs. DaMico/Kate Murphy), Atsushi Okumura (Page/Kellner), Anne Anderson (Stewardess), Marion Wulf (Alice Beane), Stephan Freiberger (Charles Clarke), Annemarie Purkert (Caroline Neville), Jannis Waldeck (Carlson), Jesper Mikkelsen (Isidor Straus), Silke Dubilier (Ida Straus), Diogenes Randes Farias (Colonel J. J. Astor), Aline Réa (Madeleine Astor), Leilei Xie (Benjamin Guggenheim), Elena Safin (Mme. Léontine Aubert), Daniel Chopov (John B. Thayer/Tscheche), Steffi Fischer (Marion Thayer), Harald Strawe (George Wydener/Mann dritter Klasse), Hyeh Young Baek (Eleonor Wydener), Xin Pan (Charlotte Drake Cardoza), Neele Kramer (Kate Mc Gowan), Gabrielė Jocaitė (Kate Mullins), Karolina Pasierbska (Italienisches Paar/Darlene Watkins), Yajun Yu (Italienisches Paar), Teaseop Kim (Mann dritter Klasse) • Opern- und Kinderchor des Theaters für Niedersachsen • tfn_philharmonie

Aufmacherfoto: Tim Müller

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