„Zorro“ will nicht recht zünden
Nach seinem ersten Auftritt in einem 1919 erschienenen Groschenroman wurde der Held mit der schwarzen Maske schnell populär und immer neue Adaptionen des Stoffes folgten. So auch das 2008 im Londoner West End uraufgeführte und von Presse und Publikum in ca. 300 Vorstellungen relativ positiv aufgenommene Musical „Zorro“, für das die Musik von „The Gipsy Kings“ im Gespann mit John Cameron verwendet wurde.
Nachdem Diego de la Vega von seinem Vater von Kalifornien nach Spanien zur Ausbildung geschickt wurde, um ihm anschließend als Bürgermeister folgen zu können, vernachlässigt dieser seine Studien und schließt sich einer Truppe von singenden und tanzenden Gitanos an. Zehn Jahre später holt ihn seine Jugendliebe Luisa zurück nach Hause, da sein Vater verstorben sein soll und sein Bruder Ramon sich selbst zum tyrannischen Anführer gemacht hat. Zurück in der Heimat – seine Freunde aus Spanien, unter ihnen Inez, folgen ihm – spielt Diego nun ein doppeltes Spiel. Während er seinem Bruder vorgaukelt, ihm treu ergeben zu sein, bekämpft er diesen in der Figur des Zorro, um der Bevölkerung zu helfen.
Trotz des eher seichten Librettos (Helen Edmundson und Stephen Clark, der auch für die Gesangstexte verantwortlich ist) könnte das Musical mit seiner mitreisenden Musik der „Gipsy Kings“, die durch Flamenco-Klänge spanisches Lokalkolorit vermittelt, durchaus ein unterhaltsamer und packender Theaterabend sein. Leider gelingt dies der Produktion des Hofer Theaters nur eingeschränkt. Die Inszenierung von Tamás Mester, der zugleich für die Choreografie verantwortlich ist, spielt sich fast immer nur in der Mitte der Bühne ab, während die Darsteller zumeist große, dramatische Gesten während ihrer Lieder verwenden. Natürlich beinhaltet „Zorro“ auch zahlreiche komische Momente, jedoch werden auch diese oftmals so stark überzeichnet, dass sie in Klamauk ausarten. Die Choreografien nutzen geschickt die Bühne aus, die Fechtszenen sind ebenfalls rasant und energiegeladen, wenngleich an manchen Stellen noch etwas Luft nach oben wäre.
Während die Kostüme von Annette Mahlendorf opulent ausfallen und gerade beim Ballett eine Augenweide sind, ist ihr Bühnenbild lediglich funktional. Das Podest mit jeweils einer Treppe links und rechts ermöglicht zwar ein Oben und Unten, jedoch wirkt es in dem ansonsten leeren Raum ziemlich verloren und auch die verschiedenen Schauplätze können nur sehr eingeschränkt definiert werden. Lediglich an einigen Stellen gelingt dies durch das Lichtdesign von Wieland Müller-Haslinger.
Leider ist den meisten Darstellerinnen und Darstellern anzumerken, dass ihnen eine stärkere Regiehandschrift gutgetan hätte. Ruud van Overdijk als Diego/Zorro kann zwar durch seine starke Bühnenpräsenz überzeugen, die zwei Seiten seiner Figur hätten aber stärker ausgeprägt werden können. Seinen Gesangspart meistert er mühelos. Ramon wird von Maciej Salamon übernommen. Dieser stellt deutlich heraus, dass seine Tyrannei aufgrund der Ablehnung seines Vaters in der Kindheit herrührt. Intensiv sind die Momente, an denen er seine gute Seite aufblitzen lassen darf.
Die taffe Jugendfreundin von Diego, Luisa, verkörpert Anna Langner glaubwürdig: Ihre anfängliche Hoffnung in Diego schlägt in pure Verachtung um. Gleichzeitig fühlt sie sich vom Fremden mit der Maske angezogen und offenbart dies im Lied „Der Mann, der sein Gesicht versteckt“, bei dem die Interpretin ihr stimmliches Potential zeigen kann. Spanische Lebensfreude verströmt durch Nicole Rushing als Inez, zu ihrer Rolle gehören mit „Bamboleo“ und „Djobi Djoba“ schließlich auch zwei der mitreißendsten Nummern des Stückes. Sehr schade allerdings, dass die Tonabmischung nicht optimal ist und ihre Stimme manchmal von der Musik überdeckt wird.
Die stets für den Zuschauer sichtbare Band, geleitet und am Klavier begleitet von Michael Falk, liefert ein gelungenes iberisches Lokalkolorit, manchmal sogar stilecht mit schwarzem Hut. Trotz dieser musikalisch eindrucksvollen Umsetzung bleibt der Gesamteindruck der Produktion stark durchwachsen.
Zusätzliche Musik von John Cameron • Originalstory von Stephen Clark und Helen Edmundson • Deutsche Fassung von Holger Hauer (Gesangstexte) und Jürgen Hartmann (Buch)
Musikalische Leitung: Michael Falk • Bühne und Kostüme: Annette Mahlendorf • Licht: Wieland Müller-Haslinger • Chor: Lucia Birzer • Mit: Ruud van Overdijk (Zorro/Diego de la Vega), Anna Langner (Luisa Pulido), Maciej Salamon (Ramon), Nicole Rushing (Inez), Peter Potzelt (Sergeant Garcia), Thilo Andersson (Alejandro de la Vega), Tim Andersson (Ramon als Kind), Gustav Maul (Diego als Kind), Isabell Szegedi (Luisa als Kind), Madeleine Szegedi (Kleines Mädchen), Daniel Milos und Kwanghun Mun (Zwei Seemänner), Hyo-Seob Yun (Eduardo), Christiane Seidel (Jorge), Hans-Peter Pollmer (Ignacio/Ein Priester), Lina Redfearn und Lusia Gloyan (Zwei Frauen), Lukas Kastl (Stuntman) • Opernchor und Ballett Theater Hof • Mitglieder des Musicalclubs • Hofer Symphoniker
Aufmacherfoto: H. Dietz Fotografie