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Carrie – The Musical

Schocker ohne Horror

Ort
Theater Lüneburg & Leuphana Universität Lüneburg
Von
Michael Gore (Musik)
Lawrence D. Cohen (Buch)
Dean Pitchford (Gesangstexte)
Regie, Choreografie und Kostüme
Oliver Hennes
Uraufführung
1988

Von wegen Broadway-Flop: Das StudiMusical lässt Kings Blutbad-Klassiker „Carrie“ als packende Geschichte von Teenager-Gefühlen neu aufleben

„Das wird die Nacht, die keiner vergisst“, tönt es durch den Raum der Jungen Bühne T3. Und tatsächlich gerät die jüngste Musical-Inszenierung im Theater Lüneburg zu einem Abend, den wohl niemand so schnell vergessen wird. Weder im begeisterten Publikum noch auf der Bühne, wo Studenten der benachbarten Leuphana Universität in die Abgründe des 1988 uraufgeführten Grusicals „Carrie“ eintauchen. So hautnah und packend, dass die zwei Stunden nicht nur wie im Fluge vergehen, sondern wahrlich berühren und für jüngere wie ältere Zuschauer noch einmal voll mitreißender wie intimer Momente die eigene Schulzeit aufleben lassen.

Wohl auch, weil für die Besetzung diese Zeit noch ziemlich nah ist, vor allem aber, da trotz der gleichnamigen Romanvorlage des Horror-Königs Stephen King hier eben nicht zuvorderst auf Schocker-Elemente gesetzt wird, sondern die ebenso aktuelle wie bewegende Geschichte einer gemobbten High-School-Teenagerin im Mittelpunkt steht. Regisseur Oliver Hennes und den Darstellern gelingt eine Feinzeichnung der Charaktere, von der sich so manche der Giga-Produktionen in der benachbarten deutschen Musical-Hauptstadt Hamburg mehr als nur eine Facette abschauen könnte.

Dabei geriet „Carrie“ aus der Feder von Lawrence D. Cohen (Buch), Dean Pitchford (Gesangstexte) und Michael Gore (Musik) bei der seinerzeitigen New Yorker Uraufführung zum Armageddon des deutschen Produzenten Friedrich Kurz, die nach nur fünf Spieltagen abgesetzt wurde und den Auftraggeber 7,5 Millionen Dollar kostete – der bis dahin teuerste Flop mit der kürzesten Laufzeit in der Geschichte des Broadways! Und zweifellos lässt sich darüber streiten, ob solch ein Titanic-Drama zwischenmenschlicher Beziehungen ein geeignetes Musical-Thema für die Massen ist, was indes nichts an der Güte der Lüneburger Inszenierung dieser Coming-of-Age-Geschichte ändert: Carrie (unglaublich in ihrer Wandlungsfähigkeit und sängerischen Klasse: Johanna Graeber) ringt zwischen dem religiösen Wahn ihrer Mutter (Lara Kitzig) und den Mobbing-Attacken ihrer Mitschüler um ihr „Frühlings Erwachen“ – und kann am Ende doch nur verlieren. Nicht jedoch, ohne – zutiefst gedemütigt – auf dem Abschlussball mit ihren telekinetischen Fähigkeiten alle ihre Mitschüler in den Tod zu schicken.

Doch Hennes zielt in seiner feinsinnigen Inszenierung eben nicht auf das für King typische Blutbad, sondern auf die psychologischen Aspekte und aufkeimende Teenagergefühle. Auf Aggression, Häme und Neid, auf Empathie, Freundschaft und Solidarität – wofür es auch im kargen Bühnenbild (Simone Anton-Bünting) keines großen Zaubers bedarf, sondern lediglich eines Treppenpodests, einiger Requisiten sowie gelungener Lichtprojektionen und -effekte. Denn die junge Crew zieht darstellerisch durch die (Schul-)Bank mit und lässt so selbst manch sängerische Schwäche vergessen – zumal andererseits eine Gloria Ssanyu Mukasa als Carries Gegenspielerin Chris stimmlich ebenso dynamisch wie kraftvoll aufzutrumpfen vermag. Was ebenso für die dreiköpfige Band unter der souveränen Leitung von Svenja Huckle gilt, die in dem Mix aus intimen Pop-Balladen und treibendem Rock stets die treffenden Akzente setzt. Wahrlich eine unvergessliche Nacht.


Nach dem gleichnamigen Roman von Stephen King • Deutsch von Martin Wessels-Behrens und Judith Behrens

Musikalische Leitung: Svenja Huckle • Bühne: Simone Anton-Bünting • Mit: Johanna Graeber (Carrie), Lara Kitzig (Margaret), Maria Castoldi (Sue), Silas Kruckenberg (Tommy), Gloria Ssanyu Mukasa (Chris), Mathis Schräder (Billy), Jasmin Gronau (Ms. Gardner), Samantha Bütow (Mrs. Stephens), Emily Meinel (Frieda), Annika Sievers (Norma), Jennifer Hill (Helen), Gunt Chuluun (George/Reverend Bliss), Frithjof Gerken (Stokes), Tammo Hollah (Freddy) • Band (Gitarre, Schlagzeug, Klavier)

Aufmacherfoto: Jan Hoek

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