„Der Teufel und die Diva“ – eine Hommage an Hildegard Knef
Das im angesagten Ausgehviertel des Münsteraner Hafens gelegene Wolfgang Borchert Theater mit seinen 150 Plätzen und einer angegliederten, heimeligen Kneipe bietet genau die passende Atmosphäre für eine Hommage an jene Künstlerin, die Ella Fitzgerald einst liebevoll-bewundernd als „Beste Sängerin ohne Stimme“ geadelt hatte: Hildegard Knef.
Das Bühnenbild von „Der Teufel und die Diva“ ist in schwarz-weißen Tönen gehalten. Rechts türmen sich weiße Quader und Würfel zu einer vierstufigen Pyramide, in der die Accessoires der letzten großen Diva Deutschlands schlummern. Am linken Bühnenrand sitzt am schwarzen Klavier die ganz in schwarz gekleidete, famose Pianistin Stephanie Rave. Mit der singenden Säge versetzt sie das Publikum in eine morbide Stimmung, die an Bernard Herrmanns unheimliche Klänge in Alfred Hitchcocks „Psycho“ erinnert. Denn es ist der 1. Februar 2002, der Todestag der 1925 geborenen, international erfolgreichen Schauspielerin, Chansonsängerin und Buchautorin Hildegard Knef. Doch die an einer Lungenentzündung gestorbene Kettenraucherin wähnt sich in ihrem weißen Nachtgewand noch immer im Krankenhaus: „Ein Königreich für eine Zigarette!“
Ihr Wunsch wird ihr prompt von einem plötzlich aus dem Fahrstuhl auftauchenden jungen Mann erfüllt, der sich schon bald als Herrscher der Finsternis entpuppt. Er schlägt ihr einen Handel vor: ewiger Ruhm und Spaß im Austausch gegen ihre Seele, wenn sie mit ihm im Fahrstuhl nach unten in die Hölle fährt. Die Alternative wäre die Fahrt nach oben, in den Himmel, wo sie nur Langeweile erwarten würde und alles vergessen wäre. Doch bis sie sich entscheidet, haben Fred Breinersdorfer und Katja Röder, die Autoren des 2013 in Hamburg uraufgeführten Werkes, dem Teufel (Niclas Kunder) noch einen Parforceritt durch Hildes Biografie ins Textbuch geschrieben, den die Knef mit ihren Liedern begleitet.
In ihrer Rolle gelingt es Ivana Langmajer von Anfang an, die Balance zwischen eigener Interpretation und unaufdringlichen Anklängen an die „rauchige“ Stimmlage der Chansonsängerin zu finden. Da sie sich – präzise geführt durch Luisa Guarros Regiehand – ganz auf ihre charismatische Bühnenpräsenz verlässt, wird sie nie zu einem Abziehbild der Knef. So berührt sie mit dem melancholischen „Lass mich bei dir sein“ genauso, wie sie mit dem frech-ironischen „Ich brauch’ Tapetenwechsel“ ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Die nach ihrem Studium an der Schule des Theaters „Der Keller“ in Köln mit dem „PUCK“ als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnete Ivana Langmajer beweist hier, dass sie auch im Genre Musical, bzw. seinen Art-Verwandten, ihre Frau steht – das macht neugierig darauf, sie auch mal in einer großen Musicalrolle auf der Bühne zu sehen.
Bei Niclas Kunder merkt man noch die fehlende Erfahrung eines Schauspiel-Novizen (Abschluss 2023). Mit seinem jungenhaften Charme rettet er sich aber über kleine Unsicherheiten hinweg, immer kollegial unterstützt von seiner Partnerin, die ihn nie im Regen stehen lässt oder sich in den Vordergrund spielt. Und da Kunder sich gesanglich nicht beweisen muss, kann er sich ganz auf die Präsentation der Höhe- und Tiefpunkte im Leben der auch als „Botschafterin Deutschlands“ verehrten Hildegard Knef beschränken.
So wird „Der Teufel und die Diva“ zu einer unterhaltsamen, mit Liedern garnierten Bühnenbiografie, die uns die neben Marlene Dietrich wohl einzige deutsche Diva in der Film- und Chanson-Geschichte authentisch erleben lässt. Ein einziger Wermutstropfen fällt in die ansonsten sehenswerte Aufführung: Die für Inszenierung, Kostüme und Bühnenbild verantwortliche Luisa Guarro hat (vor lauter Arbeitsüberlastung?) irgendwie vergessen, dem Musical zu geben, was dem Musical gebührt – es erklingt kein Song aus Cole Porters „Silk Stockings“ (1955). Immerhin war Hildegard Knef doch die erste Deutsche, die am Broadway in einem Musical die Hauptrolle gespielt hat!
Musikalische Leitung: Stephanie Rave • Regie und Ausstattung: Luisa Guarro • Licht: Paco Summonte • Mit: Ivana Langmajer (Hildegard Knef), Niclas Kunder (Mephisto, Stimme)
Aufmacherfoto: Laura Ritter