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Cabaret 8 © Stephan Walzl | MUSICAL TODAY

Cabaret

Sally beherrscht die Bühne

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Oldenburgisches Staatstheater
von
Joe Masteroff (Buch)
John Kander (Musik)
Fred Ebb (Gesangstexte)
Regie
Katja Wolff
UraufführunG
1966

Unterhaltsame „Cabaret“-Inszenierung mit ein paar Frivolitäten

Das 1966 in New York uraufgeführte und sechs Jahre später mit Liza Minnelli verfilmte Musical „Cabaret“ von John Kander ist ein Dauerbrenner im Repertoire. Dieser „Tanz auf dem Vulkan“ zeigt eine geradezu entfesselte Lebensgier, bei der alles erlaubt zu sein scheint. Die Handlung spielt im Berlin der 1920er Jahre vor dem Hintergrund des bedrohlich aufziehenden Nationalsozialismus. Den direkten Bezug zu den Nazis zieht Regisseurin Katja Wolff allerdings nicht, weil sie keine Hakenkreuze und SS-Uniformen auf der Bühne zeigen wollte. Aber wenn Begriffe wie „Remigration“ und „Neue Rechte“ fallen, ist der Bezug schon klar und erschreckend aktuell.

Das Bühnenbild von Jule Dohrn-van Rossum ist stimmungsvoll und gelungen: Glühbirnen umrahmen das Portal, es gibt eine kleine Showtreppe, ein Steg führt in den Zuschauerraum und im Hintergrund glitzert ein Vorhang wie aus Lametta. Das kleine Orchester (gespielt wird die reduzierte, aber nicht minder schlagkräftige Orchesterfassung von Chris Walker) befindet sich auf der Bühne.

Wolff konzentriert sich im ersten Teil vor allem auf die Showelemente des Musicals und serviert Boulevard-Theater. Die Liebesgeschichte zwischen dem Amerikaner Clifford Bradshaw und Sally Bowles, der Varieté-Sängerin im Kit-Kat-Club, wird unterhaltsam aufgeblättert. Die Choreografie von Kati Farkas erweist sich dabei, besonders beim Song „Money“, als einfallsreich und spritzig. Die Tänzerinnen und Tänzer zeigen sich von ihrer besten Seite und wirbeln furios über die Bühne. In einigen Szenen überschreitet Wolffs Regie allerdings überdeutlich die Grenzen der Frivolität: etwa beim „flotten Dreier“ zu „Two Ladies“, bei dem die Herren mit blanken Gummibusen ausgestattet sind, oder mit den bis zum Himmel gespreizten Beinen von Fräulein Kost (Kira Primke). Für einen Gänsehautmoment sorgt das Finale des ersten Akts, wenn das völkisch klingende Lied „Der morgige Tag ist mein“ intoniert wird, zu einer Art Glaubensbekenntnis anschwillt und dabei auch einige im Publikum verteilte Chorsänger einstimmen. Gruselig!

Im zweiten Akt gewinnt die Inszenierung immer mehr an Tiefgang. Der Rechtsextremist Ernst Ludwig (Hagen Bähr) zeigt zusehends sein wahres Gesicht, wenn der jüdische Obsthändler Herr Schultz brutal verprügelt wird. Und auch das ältliche Fräulein Schneider nimmt von einer Hochzeit mit Herrn Schultz Abstand, weil sie bei den politischen Verhältnissen die Konsequenzen für ihre Existenz fürchtet.

Bis auf Paul Brady als hintergründigem Conférencier sind fast alle Partien mit Gästen besetzt. Sophia Euskirchen als Sally Bowles erweist sich dabei als Glücksfall. Sie ist ein völlig anderer Typ als das Filmvorbild Liza Minnelli und entwickelt ein ganz eigenes Charisma: eine freche, fast naive Göre, die ihr Herz auf der Zunge trägt und zunächst ganz im Hier und Jetzt lebt. Gesanglich kann sie mit ihrer ausdrucksvollen und variationsreichen Stimme durchweg begeistern. Ihre verletzliche Seele zeigt sie eindrucksvoll im Song „Maybe this time“. Dass am Ende auch ihre Illusionen von einer weiteren Karriere im Kit-Kat-Club zerplatzen, ist bekannt.

Moritz Carl Winklmayr ist Clifford Bradshaw, der amerikanische Möchtegern-Autor und Liebhaber von Sally. Er gibt ihn als braven Jüngling, der von den Ereignissen völlig überrollt wird. Für anrührende Momente sorgen Thomas Marx als Herr Schultz und Heike Jonca als Fräulein Schneider. Sie bilden ein stilles Pendant zur schrillen, glamourösen Welt des Kit-Kat-Clubs. Ihre Szenen gestaltet Regisseurin Wolff sehr sensibel und mit einem Hauch von Melancholie. Die schmissige Musik von John Kander wird von der kleinen Besetzung des Oldenburgischen Staatsorchesters unter der Leitung von Eric Staiger schwungvoll dargeboten.


Musikalische Leitung: Eric Staiger • Choreografie: Kati Farkas • Bühne: Jule Dohrn-van Rossum • Kostüme: Alexander Djurkov Hotter • Licht: Arne Waldl • Chor: Thomas Bönisch • Mit: Sophia Euskirchen (Sally Bowles), Moritz Carl Winklmayr (Clifford Bradshaw), Heike Jonca (Fräulein Schneider), Thomas Marx (Herr Schultz), Kira Primke (Fräulein Kost), Paul Brady (Conférencier), Hagen Bähr (Ernst Ludwig), Marvin Kobus Schütt (Piccolo), Judith Urban (Zollbeamter 1), Sarah Steinemer (Zollbeamter 2), Christopher Hemmans und Evert Bakker (Two Ladies), Volker Röhnert (Max) u.a. • Chor des Oldenburgischen Staatstheaters • Oldenburgisches Staatsorchester

Aufmacherfoto: Stephan Walzl

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