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Zorro – Das Musical

Hauen, Stechen, Happy End

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Theater Nordhausen (Thüringer Schlossfestspiele Sondershausen)
von
The Gipsy Kings (Musik)
Stephen Clark (Buch und Gesangstexte)
Regie und Choreografie
Pascale-Sabine Chevroton
UraufführunG
2008

Atmosphärische Effekte bekämpfen die lahmende „Zorro“-Handlung

Schlau ist dieser Mann, gerissen und flink. Ein richtiger Fuchs eben, der weiß, was Sache ist und wo der Degen schwingen muss. Daraus entstanden wahre Abenteuergeschichten mit Kampfgeheul, schmachtenden Frauen und grimmigen Rivalen. Dutzende gibt es davon, eine heißt „Zorro“. Zunächst ein Groschenheft in Fortsetzung, dann bald mehrfach verfilmt, auch als Fernsehserie, später von Isabel Allende zum Roman veredelt, 2008 als Musical aufgepeppt: 300 Vorstellungen im West End, seither zahlreiche Neuauflagen von Moskau bis São Paulo, bislang ohne Stopp am Broadway.

Die leidenschaftliche, vom Flamenco-Sound getragene Musik der Gipsy Kings kannte die Welt schon, einige Hits schafften es in die Bühnenversion. Dramaturgisch hapert es, weil Stephen Clark und Helen Edmundson als Autoren die Handlung nicht immer auf Linie bringen. Gut drei Stunden braucht es bis zum glücklichen Finale. In der Freiluftproduktion des Theaters Nordhausen im Schlosshof Sondershausen bewahrt Regisseurin und Choreografin Sabine-Pascale Chevroton das Stück mit kreativen Ideen vor drohender Langeweile. Sie lässt es manchmal brausen, bis die Fetzen fliegen.

Die Story mutet fast biblisch an: Der eine Bruder wird vom Vater bevorzugt, der andere tobt, flüchtet sich in Rache und Machtgier. So geht es Diego. Sein Erzeuger schickt ihn zur Ausbildung nach Spanien. Bei den iberischen Gitanos frönt der junge Mann eher dem lotterigen Müßiggang. Bei seiner Rückkehr nach Kalifornien entbrennt der Kampf zwischen ihm und Ramon. Letzterer wütet nach Strich und Faden. Diego legt sich mit entsprechender Verkleidung als Zorro ein Inkognito zu und nimmt seinen Bruder ins Visier, unterstützt von der emanzipierten Inez. Es kommt zum Duell mit viel Gemetzel, am Ende stürmt Luisa in die Arme des Siegers. Ramon unterliegt, Diego und Luisa werden ein Paar. Das Buch verästelt sich, pendelt oft unvermittelt zwischen Melodramatik und Tragödie, Liebesflirren und Zwist.

Die Musik der Gipsy Kings schwelgt im folkloristischen Pop, streut üppig Flamenco-Sound in die Partitur und lockert den eher bleiernen Plot geschickt auf. Einige Songs wie „Bamboléo“, „Baila me“ oder „Djobi Djoba“ kamen bereits als Ohrwürmer ins Musical, der Komponist John Cameron fügte weitere hinzu, darunter die ansprechende Ballade „Wir“. Svetlomir Zlatkov trimmt das (unsichtbare) Loh-Orchester auf spanisches Kolorit, in konzertierter Aktion entsteht ein rhythmisch pulsierender Klangteppich, der die Darsteller ebenso mitreißt wie das Publikum. Das Ensemble hält sich angesichts der Gesamtdauer und zahlreichen Sprünge wacker, vom Chor bis zum Ballett. Marian Kalus gibt einen soliden, sinistren Ramon, Florian Tavic den zögernden Garcia, Yuval Oren zeigt sich als Luisa beherzt und temperamentvoll. Zwei ragen aus der Cast heraus: Vasiliki Roussi beeindruckt als unerschrockene, herausfordernde, autonome Inez mit Lava im Blut, Samuel Franco lotet als Diego alias Zorro die emotionalen Schwankungen der Figur vorzüglich aus. Beide wirken absolut glaubwürdig.

Sabine-Pascale Chevroton hätte mutiger kürzen, die Stränge straffer zusammenbinden können. Sie schafft indes Atmosphäre, intime und martialische Momente, schaut in die Charaktere hinein und lässt sie ihre Gefühle ausagieren. Sie bewegt die Massen handwerklich exzellent durch das von Bühnenbildner Wolfgang Kurima Rauschning entworfene Holzgerüst mit viel Spielraum. Ihre Choreografie lockert auf, sorgt für Hingucker. Das schaffen auch die Kostüme von Anja Schulz-Hentrich. Ramon und seinen Machtapparat steckt sie in eng anliegendes Blau, die Gitanos in luftiges Rot. So entstehen optische Kontraste, die auf Freiheitsliebe und Tyrannei deuten. Zorro, der edle Kämpfer für Gerechtigkeit, kommt schwarz daher. Blitze, Flammen, Rauchschwaden und Knaller sorgen für wirksame Effekte, die jedoch das lahmende Buch nur bedingt kaschieren. Das Publikum goutiert die Inszenierung mit wuchtigem Applaus.


Musikalische Leitung: Svetlomir Zlatkov • Regie und Choreografie: Pascale-Sabine Chevroton • Choreografische Mitarbeit (Flamenco): Irene López Ros • Kampfchoreografie: Jean Loup Fourure • Bühne: Wolfgang Kurima Rauschning • Kostüme: Anja Schulz-Hentrich • Licht: Martin Wiegner • Sounddesign: Selim Mrad und Maximilien Witt • Mit: Samuel Franco (Diego de la Vega, genannt „Zorro“), Marian Kalus (Ramon de la Vega), Yuval Oren (Luisa Pulido), Vasiliki Roussi (Inez), Florian Tavic (Sergeant Garcia), Jean Loup Fourure (Alejandro de la Vega, Alcalde), Manuel Macías Benavides (Joaquin) u.a. • Festspielchor und Ballett des Theaters Nordhausen • Loh-Orchester Sondershausen

Aufmacherfoto: Marco Kneise

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