SE WWRY 2025 Finale 2 cJohanPersson | MUSICAL TODAY

We Will Rock You

Immer noch fetzig

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Ort
Stage Entertainment (Stage Palladium Theater)
VON
Queen (Musik und Liedtexte)
Ben Elton (Buch)
Heiko Wohlgemuth (Deutsche Fassung)
Regie
Ben Elton
Uraufführung
2002

„We Will Rock You“ macht modernisiert noch mehr Spaß als früher

Ja, er war tatsächlich da: Sir Brian May, muntere 78 Jahre jung, taucht im Finale in einer Nebelwolke aus dem Bühnenboden auf und lässt die Riffs aus der „Bohemian Rhapsody“ in den Saal des Palladium Theaters wummern. „We Will Rock You“ ist wieder da, nach 15 Jahren kehrt das Queen-Musical an den Standort Stuttgart zurück, und zwar in einer Überarbeitung der englischen Tourneeproduktion, die 2023 im West End festgemacht hatte und ebenso wie die erste Stuttgarter Version von Buchautor Ben Elton inszeniert wurde. Trotz neuer Ausstattung, Choreografie und Übersetzung hat sich die Show tatsächlich nur in wenigen Aspekten verändert, und das zum Guten.

Die Story von den Bohemians, die auf einem durchdigitalisierten Planeten voll „geklonter Gaga-Schafe“ das letzte echte Rockinstrument suchen, versprüht immer noch den Ruch des Nicht-ganz-Queen-Würdigen; es hilft, ihre Absurdität als solche zu genießen und Ben Eltons Spiel mit den tausend Zitaten aus der Rock- und Popgeschichte einfach mitzuspielen. Denn die Mucke ist halt einfach mega, der ikonische Status der Queen-Songs hat sich noch weiter verfestigt und sie erklingen hier in ihrer vollen Pracht: mit tollen Stimmen, einer großartigen Band und dem passend lauten, aber glasklaren Sound.

Durch Eltons Überarbeitung und den neuen Übersetzer Heiko Wohlgemuth wirken die Dialoge nicht mehr ganz so Trash-TV-mäßig wie früher, die Anspielungen auf RTL-Berühmtheiten wie Daniel Küblböck oder Jeanette Biedermann sind durch die Namen internationaler Stars ersetzt. Die Songs werden nun komplett in Englisch gesungen, in den Dialogen erfreuen Formulierungen wie „pixelpralle Bösartigkeit“ für die Killer Queen oder das schwäbelnde „Wir sind dem Galileo seine Band“. Tatsächlich weht in den Anspielungen auf Mobbing, Internet-Zombies oder gar Kinderarbeit sogar ein Hauch Sozialkritik durch den Abend. Der steigende Meeresspiegel schwappt zu den „Seven Seas of Rhye“ auf die LED-Leinwände, statt Namen tragen die Menschen Internet-Adressen. Und auch dieses Wort kommt mit einem ironischen Blinzeln vor: „Queen wollte, dass die Kids achtsam sind.“ Dass der Handlungsort statt „Planet e.bay“ nun „iPlanet“ heißt, spricht sich hoffentlich noch bis zur offiziellen Inhaltsangabe der Stage Entertainment durch.

Die Videoprojektionen sind technisch raffinierter als damals, wir düsen durch eine „Mad Max“-Wüste und neongrelle Videospiele. Die Grundidee der Kostüme – hier plastikbunt, dort alte Fetzen mit Charakter – ist auch für den ungarischen Designer Kentaur gleich geblieben, ein wenig irritierend wirkt das „Wicked“-Grün, das neben Schwarz die Welt der Killer Queen beherrscht. Die eher fließende als rhythmisch-zackige neue Choreografie von Fabian Aloise orientiert sich mit durchlaufenden Wellen und rankenden Gruppen schon fast beim modernen Tanz, bleibt aber auf Dauer seltsam einfallslos.

Kasper Nilsson ist der junge, nervöse Held, der am Schluss wie König Artus die rettende E-Gitarre aus dem Felsen zieht; nervt sein holländischer Akzent anfangs ein wenig, so rockt er am Schluss mit seiner großen, weiten Stimme Songklassiker wie die „Bohemian Rhapsody“. Wie ein feministischer Kobold steht ihm Isabel Waltsgott als wehrhafte Scaramouche zur Seite, der „Tina Turner“-Star Aisata Blackman macht die Killer Queen eleganter und noch bedrohlicher als früher. Ihr Polizeichef (Christian Schöne), ein Hitler-Verschnitt wie aus dem „James Bond“-Film, heißt nun in Anspielung auf diverse Oligarchen Zuckermusk statt Kashoggi. Helena Lenn und Nicolas Christahl ragen mit ihren Rockstimmen unter den Bohemians heraus, aus Ozzy und Brit sind Meat (Loaf) und Tazer alias Taylor Swift geworden.

Boris Ritter leitet eine superbe Rockband, die immer wieder staatstragende Riffs raushaut; die akustische Oberaufsicht der Queen-Musiker macht sich durchaus bemerkbar. Freddie Mercury hätte, lebte er noch, vielleicht ein wenig mehr Zynismus und große Oper in das Musical gepackt. Aber auch so macht’s mächtig Spaß.


Music Supervision: Stuart Morley • Musikalische Leitung: Boris Ritter • Regie: Ben Elton • Choreografie: Fabian Aloise • Bühne und Videodesign: Stufish Entertainment Architects • Kostüme: Kentaur • Licht: Luke Rolls & Rob Sinclair for 1826 Studio • Sounddesign: Matt Peploe • Mit: Kasper Nilsson (Galileo), Isabel Waltsgott (Scaramouche), Aisata Blackman (Killer Queen), Reinwald Kranner (Pop), Christian Schöne (Zuckermusk), Helena Lenn (Meat), Nicolas Christahl (Tazer) u.a. • Band des Stage Palladium Theaters

Aufmacherfoto: Johan Persson

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