Die unkaputtbaren „Blues Brothers“ recht sparsam inszeniert
Alle paar Jahre macht das Theater Ulm die Altrocker glücklich – zuletzt 2018 mit der deutschen Erstaufführung von „Rock of Ages“. Jetzt schwelgt ein gut gelauntes, aber nicht unbedingt blutjunges Premierenpublikum mit den „Blues Brothers“ in Erinnerungen an seine 40 Jahre zurückliegende Jugend. Am Ende erklatschen sich die Zuschauer fast eine halbe Stunde Zugaben, obwohl die Inszenierung von Musicalstar Patrick Stanke doch recht sparsam bleibt. Niemand erwartet die Massen von Darstellern, von Polizisten, Gottesdienst- und Konzertbesuchern, Country-Fans oder Knastbrüdern, mit denen Regisseur John Landis seinen Kultfilm von 1980 bevölkerte – was im Film eine bis zur Parodie exaltierte Übertreibung war, schlägt in den diversen Bühnenfassungen ins Gegenteil um, eine ironische Minimalisierung.
Natürlich kommt der Gag mit einem Mini-Sperrholzauto im Trabi-Format gut, das in beschaulichem Tempo und garniert mit ein paar süffisanten Kommentaren den riesenhaften Straßenkreuzer aus dem Film ersetzt. Eine tatsächliche Urfassung des Bühnenmusicals scheint es gar nicht zu geben, jedes Theater bearbeitet die Vorlage nach Lust und Laune. Auch Stanke, der das Stück bereits 2019 in Wuppertal inszenierte, hakt in seiner Version die wichtigsten Stationen des Films ab, in dem die beiden coolen, sonnenbebrillten Brüder Jake und Elwood Blues ihre frühere Band zusammensammeln, um durch ein Konzert die Steuerschulden ihres ehemaligen Waisenhauses zu bezahlen. Die satirischen Szenen mit den amerikanischen Nazis lässt Stanke leider weg, was hätte man doch ganz aktuell daraus machen können! So reduziert sich das exzentrische Roadmovie, durch das 1980 immerhin noch ein kräftiger Hauch Respektlosigkeit wehte, zur eher statischen Jukebox-Unterhaltung, in der ein einzelner schwäbelnder Polizist den filmischen Overkill an Staatsmacht ersetzt.
Petra Mollérus hat eine zweistöckige Bühne gebaut, in der immer wieder Szenenbilder von unten hochfahren. Die solide Band unter der Leitung von Panagiotis Papadopoulos sitzt im oberen Stock und spielt sich quer durch die bekannten Nummern von „Gimme some Lovin’“ über „Minnie the Moocher“ bis zum „Jailhouse Rock“. Die Darsteller der Blues-Brothers-Band auf der Bühne dagegen wurden auf ganze fünf Mitglieder, also die Hälfte der Filmband, reduziert. Es gibt kein ausgebildetes Musical-Ensemble für die Massenszenen, nicht einmal ein paar Soulgirls wie in anderen Fassungen, stattdessen agiert die tapfere Chor- und Bewegungsstatisterie des Theaters in den einfachen Choreografien von Gaëtan Chailly.
Natürlich ist eine coole Besetzung der beiden Titelhelden Jake und Elwood Blues schon die halbe Miete: „Im Auftrag des Herrn“ walzen Markus Hottgenroth und Frank Röder dienstbeflissen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt, tanzen mit entspanntem Twist in den Kniekehlen und bringen ihre Rocksongs mit trockenem Understatement unter die Leute. Schade nur, dass Röders Mikroport erst im letzten Viertel des Abends korrekt funktioniert. Die Ulmer Gospelsängerin Siyou Isabelle Ngnoubamdjum stiehlt den beiden Titelhelden mit ihrer riesigen Stimme fast den Lorbeer, sie interpretiert die Songs von Aretha Franklin und sorgt mächtig für Stimmung. Auch David Whitley überzeugt durch schwarze Stimmpower, während Anne Simmering als verlassene Verlobte von Jake ein paar irre Auftritte und immer größer werdende Schusswaffen beiträgt. Aber ganz ehrlich: Der Abend hat insgesamt schon ein arges Sparformat, gerade wenn man die Produktion mit den aufwendigen Ulmer Musicals der letzten Jahre vergleicht.
Musikalische Leitung: Panagiotis Papadopoulos • Choreografie: Gaëtan Chailly • Ausstattung: Petra Mollérus • Licht: Marcus Denk • Mit: Frank Röder (Elwood Blues), Markus Hottgenroth (Jake Blues), Siyou Isabelle Ngnoubamdjum (Pinguin/Sugar), Anne Simmering (Carrie), David Whitley (Reverend/Ray/Murray), Gunther Nickles (Justizbeamter/Murph), Samson Fischer (Matt Guitar Murphy), Adele Schlichter (Fabulous) • Chor- und Bewegungsstatisterie des Theaters Ulm • Die Blues-Brothers-Band
Aufmacherfoto: Marc Lontzek