
Temporeich und urkomisch: „Shrek“ mit überzeugenden Darstellern
Ein Oger hat es nicht leicht: Er ist riesig, eine üble Wolke des Gestanks schwebt über ihm, er ist hässlich, grün, seine Ohren stehen weit ab, und er lebt im Sumpf. Ein strahlender Held sieht anders aus. Trotzdem hat Shrek die Herzen von Kindern und Erwachsenen im Sturm erobert.
William Steig, Karikaturist des „New Yorker“-Magazins, hauchte dem grünen Monster im Bilderbuch „Shrek!“ 1990 Leben ein. Die Geschichte erzählt von einem einsamen, ruppigen Außenseiter, der mit sieben Jahren von seinen Eltern verstoßen wird und nur Ablehnung erfährt, bis er auf einen sprechenden Esel trifft, der ihm seine Freundschaft aufzwingt. Das entspricht nicht der üblichen Märchenidee von Heldentum, Ritterlichkeit und Schönheit. Dennoch darf der tollpatschige Riese mit butterweichem Herzen die Prinzessin aus einem Turm befreien. Eigentlich soll er Fiona an den kleinwüchsigen und machthungrigen Lord Farquaad ausliefern, doch Shrek verliebt sich in sie und auch Fiona entdeckt die liebevollen Seiten ihres Retters. Die Zuneigung verwundert nicht, denn die schöne Prinzessin verwandelt sich jede Nacht in eine Ogerdame. Nach einigen Missverständnissen findet das verliebte Paar schließlich zueinander und zieht in den Sumpf – selbstverständlich begleitet vom treuen Esel.
DreamWorks erkannte das Potenzial des schmalen Kinderbuchbandes und 2001 begann der Siegeszug der „Shrek“-Verfilmungen. Vier Kinofilme sind bislang erschienen, ein fünfter ist angekündigt. Auch die Musical-Variante ließ nicht lange auf sich warten: 2008 feierte sie am Broadway Premiere. Die Musik stammt von der erfahrenen Arrangeurin und Komponistin Jeanine Tesori, Kevin Schroeder und Heiko Wohlgemuth übertrugen David Lindsay-Abaires Texte ins Deutsche. Die Dialoge – insbesondere zwischen Shrek und Esel – sind im ersten Teil schwungvoll und amüsant, nach der Pause zieht sich die Handlung jedoch etwas. Einschmeichelnde Ohrwürmer fehlen leider in der Musical-Version, was schade ist, denn die rührende Geschichte um Außenseiter in einer Gesellschaft hätte den einen oder anderen Hit verdient.
Dafür ist sonst auf der Bühne einiges los: Das vielseitige Bühnenbild (Andrew D. Edwards und Adam Nee) verwandelt sich mit wenigen Drehungen vom Sumpf zum Palast, vom Turm zur Drachenhöhle. Regisseur Werner Sobotka hat ein Talent für temporeiche Szenen und lässt die Wachmänner des exzentrischen Lords in Reih und Glied aufmarschieren, seine Bediensteten in Kostümen à la „Bob der Baumeister“ tanzen und das Rattenballett mit wedelnden Schwänzen steppen.
Nicht zu beneiden ist Christian Fröhlich als Shrek: Er steckt in einem Fatsuit und muss einige anspruchsvolle Moves absolvieren. Das Ensemblemitglied des Musiktheaters hat bereits Erfahrung in der Rolle auf der Freilichtbühne Tecklenburg und meistert mühelos den Spagat vom grantelnden, grünen Riesenbaby zum Helden. Den dankbaren Part des ewig quasselnden Esels übernimmt David Rodriguez-Yanez souverän. Mit beweglichen Eselsohren und gehörigem Wortwitz trollt er durch die Szenen und erobert die Herzen der Zuschauer. Alexandra-Yoana Alexandrova blieb als Maria Stuart im Musical „Königinnen“ in bester Erinnerung und enttäuscht auch als Fiona nicht. Körperlich sehr einsatzfreudig, überzeugt sie zudem mit einer mächtigen Musicalstimme. Eine besondere Leistung zeigt auch Gernot Romic, der als Lord Farquaad alle Szenen kniend spielt. Der Rest des Ensembles verkörpert urkomische Märchenfiguren, Ratten oder Skelette und folgt willig dem Tempo des engagierten Orchesters „The Swamp Symphonics“ unter Leitung von Raban Brunner.
Das Landestheater Linz beweist mit „Shrek – Das Musical“, dass Antihelden einen Platz auf der Bühne verdienen. Trotz kleiner Schwächen im zweiten Teil überzeugt die Produktion mit Spielfreude, Tempo und einem hochmotivierten Ensemble. Das Publikum ist hingerissen und auch die kleineren Kinder wirken am Schluss – trotz der Längen im zweiten Teil – putzmunter und applaudieren begeistert.
Musikalische Leitung: Raban Brunner • Regie: Werner Sobotka • Choreografie: Dennis Callahan • Bühne: Andrew D. Edwards und Adam Nee • Kostüme: Elisabeth Gressel • Licht: Guido Petzold • Videodesign: Medime Derebey • Mit: Christian Fröhlich (Shrek), David Rodriguez-Yanez (Esel), Alexandra-Yoana Alexandrova (Fiona), Gernot Romic (Farquaad), Lukas Sandmann (Pinocchio u.a.), Sanne Mieloo (Mama Oger u.a.), Karsten Kenzel (Papa Oger u.a.), Sarah Schütz (Königin Lilian u.a.), Patrizia Unger (Teen Fiona u.a.), Anastasia Bertinshaw (Tinkerbell u.a.), Gabriele Bruschi (Weißer Hase u.a.), Michiel Janssens (Struwwelpeter u.a.), Sjoerd Knol (König Harold u.a.), Fabian Koller (Anführer der Wachen u.a.), Matthew Levick (Froschkönig u.a.), Kate Moss (Hässliches Entlein u.a.), Max Niemeyer (Schweinchen u.a.), Astrid Nowak (Peter Pan u.a.), Johannes Pinkel (Schweinchen u.a.), Victoria Sedlacek (Rotkäppchen u.a.), Lynsey Thurgar (Frau Holle u.a.), Andres Vercoutere (Wache u.a.), Luisa Rudinger (Kleine Fiona), Leandro Mario Dannerbauer (Kleiner Shrek/Zwerg (Farquaads Vater)) • Band „The Swamp Symphonics“
Aufmacherfoto: Barbara Pálffy