Alicia Keys Musical „Hell’s Kitchen“ führt zurück in ihre Jugend
Das explosive neue Musical „Hell’s Kitchen“ kommt mit einem beeindruckenden Stammbaum am Broadway an. Es ist als semi-biografisches Projekt der bekannten Sängerin Alicia Keys konzipiert, die gemeinsam mit Kristoffer Diaz das Buch geschrieben und es mit vielen bekannten Hits aus ihrem Katalog gespickt hat: in vielerlei Hinsicht eine Show der Superlative und eine der interessantesten Aufführungen der Saison.
Der Titel bezieht sich auf ein bekanntes Viertel in Manhattan, ein bekannter Anziehungspunkt für Touristen und Fans, wo Keys nur wenige Schritte vom Times Square und dem Theaterviertel entfernt ihre prägende Jugendzeit verbrachte. Zur Zeit der Handlung in den 1990er Jahren hatte Hell’s Kitchen (zu Deutsch in etwa „des Teufels Küche“) auch den Ruf, dass man den Besuch dort wegen der rauen Sitten, der Straßengewalt, wegen Drogen und Prostitution kaum empfehlen konnte – eine Situation, die sich inzwischen geändert hat.
Die Hauptfigur Ali ist ein 17-jähriges Mädchen und einziges Kind der weißen Jersey und des schwarzen Davis, der die Familie verlassen hat. Als Ali einer Gruppe schwarzer Jugendlicher zuhört, die auf der Straße Musik machen, fühlt sie sich zu einem von ihnen mit Namen Knuck hingezogen. Sie verfolgt ihn und beginnt eine Affäre, ohne ihm zu sagen, dass sie eigentlich noch minderjährig ist. Als ihre Mutter davon erfährt, erstattet sie Anzeige gegen Knuck, weil er ihre Teenager-Tochter verführt habe. Das führt zum Bruch zwischen Ali und Jersey. Auf der Suche nach einem Zufluchtsort landet Ali in einem anderen Raum ihres Wohngebäudes, nämlich im Ellington Room, einem Salon. Dort spielt die ältere Schwarze Miss Liza Jane jeden Tag Klavier. Miss Jane erkennt, dass Ali Probleme hat, sie spricht mit ihr, erteilt Ratschläge und bringt Ali das Klavierspielen bei. Die hat ihre Hoffnung auf ein Leben mit Knuck noch nicht aufgegeben und trifft sich wieder mit ihrem Vater, den Jersey bereits in der Hoffnung kontaktiert hatte, er könne Ali wieder nach Hause bringen. Miss Janes Tod führt die Geschichte zu einem traurigen und zugleich erheiternden Ende, im ergreifenden Finale finden Ali und ihre Mutter dann wieder zusammen.
Um der Handlung Zusammenhalt und Substanz zu geben, hat Alicia Keys bekannte Songs, die meisten davon Tophits, ausgewählt und sie perfekt in den jeweiligen Kontext eingebettet. Um das Repertoire aufzupeppen, fügte sie auch einige neue Titel hinzu. Die Fans werden sich also freuen, Stücke wie „You Don’t Know My Name“, „Gramercy Park“, „Teenage Love Affair“, „Girl on Fire“ oder „Fallin’“ wieder zu hören, ergänzt durch Songs wie „Kaleidoscope“, „Love Looks Better“, „Work on It“ oder „Authors of Forever“. Sie werden von einer ganzen Riege exzellenter Sängerinnen und Sänger dargeboten, großartig (und sehr laut) begleitet von einer großen Band unter der Leitung von Lily Ling.
Was darüber hinaus aber am meisten beeindruckt, ist die Qualität der Interpretation, die soliden Leistungen und die große Energie der jungen Schauspieler – in der besuchten Aufführung Gianna Harris als Ali, Lamont Walker II als Knuck, Jackie Leon sowie Jade Milan als Alis Freundinnen Jessica und Tiny. Manche stehen zum ersten Mal auf der Broadway-Bühne und die meisten von ihnen verfügen über ganz außergewöhnliche stimmliche Fähigkeiten. Brandon Victor Dixon als Davis und Shoshana Bean als Jersey machen sich ebenfalls hervorragend. Aber vor allem ist es Kecia Lewis als Miss Liza Jane, die mit ihrem atemberaubenden, mehrere Oktaven umfassenden Gesang das Publikum auf die Beine bringt, vor allem mit „Perfect Way to Die“. Die Partitur, die sich bei so unterschiedlichen Genres wie Jazz, Hip-Hop und Soft Rock bedient, gibt dem großen Ensemble ausreichend Gelegenheit, sich in diversen Tanzeinlagen in der fantasievollen Choreografie von Camille A. Brown ebenso wie in der dynamischen Regie von Michael Greif zu verausgaben.
(Übersetzung: Angela Reinhardt)
Musikalische Leitung: Lily Ling • Choreografie: Camille A. Brown • Bühne: Robert Brill • Kostüme: Dede Ayite • Licht: Natasha Katz • Sounddesign: Gareth Owen • Projektionen: Peter Nigrini • Mit: Shoshana Bean (Jersey), Brandon Victor Dixon (Davis), Kecia Lewis (Miss Liza Jane), Lamont Walker II (Knuck), Gianna Harris (Ali), Chad Carstarphen (Ray), Jackie Leon (Jessica), Jade Milan (Tiny) u.a.
Aufmacherfoto: Marc J. Franklin