
Aufrüttelnde Gefühle in Jason Robert Browns Zwei-Personen-Musical „The Last Five Years“
„The Last Five Years“, dieser seltsame Zwei-Personen-Einakter für Erwachsene, stammt mitsamt Buch, Musik und Texten von Jason Robert Brown, hinreichend bekannt für Musicals wie „Parade“ (1999) und „The Bridges of Madison County“ (2014). Das Stück wurde 2001 in Chicago uraufgeführt und 2002 am Off-Broadway gezeigt, wo es für mehrere Preise nominiert war und den begehrten Drama Desk Award für herausragende Musik und Texte gewann. 2013 gab es eine Wiederaufnahme, bevor „The Last Five Years“ im Folgejahr verfilmt wurde. Jetzt also die erste Aufführung am Broadway.
Der ungewöhnliche Aufbau der Erzählung, die sich über fünf Jahre erstreckt, dreht sich um zwei Charaktere: den jungen Romanautor Jamie und die Möchtegern-Schauspielerin Cathy, die er kennenlernt, heiratet und nach fünf Jahren verlässt. Beide erzählen die Geschichte ihrer Beziehung und ihres gemeinsamen Lebens in einem nicht-linearen Stil, er vom Anfang bis zum Ende und sie vom Ende zum Anfang. Jeder entscheidende Moment ihres Lebens wird in kurzen, gesungenen Vignetten dargestellt, die sie jeweils, mit Ausnahme weniger Duette in der Mitte des Stücks, alleine singen und in denen sie ihre Gefühle füreinander und die jeweiligen Auswirkungen ihres gemeinsamen Lebens auf sich selbst beschreiben. Das Ergebnis ist ziemlich überraschend – auch wenn es eine Weile dauert, bis man sich an diese Art des Erzählens einer Geschichte gewöhnt hat, die sich in entgegengesetzte Richtungen entwickelt, je nachdem, wer ihre vielen Details preisgibt.
Passend zu den verschiedenen Stimmungen in ihrer Beziehung haben die Songs ihre Wurzeln in unterschiedlichen Musikstilen, die vom romantischen Pop, gehobenen Jazz, stimmungsvollen Blues, vibrierenden Rock, vertrauter Folklore, Broadway oder Varieté beeinflusst sind. Jede einzelne Nummer schildert die Momente von Leidenschaft, Spaß, Selbstbewusstsein, Liebe, Schmerz und anderen Emotionen, die die beiden Charaktere miteinander und durcheinander erleben. Insgesamt klingt die gesamte Partitur sehr reichhaltig und attraktiv, wobei sich einige Nummern als besonders einprägsam erweisen, wie „Still Hurting“ und „Climbing Uphill“ für Cathy, „Moving Too Fast“ und „If I Didn’t Believe in You“ für Jamie und das herzzerreißende „Goodbye Until Tomorrow/I Could Never Rescue You“, das von den beiden gemeinsam gesungen wird.
Das Bühnenbild ist relativ einfach und besteht lediglich aus einem Podest, wo gelegentlich Möbel auftauchen. Die Kostüme, insbesondere die von Cathy, sind fast schon durchschnittlich, also die Art von Kleidung, die die beiden Partner im normalen Leben über einen Zeitraum von fünf Jahren tragen würden.
Die einfache Inszenierung zwingt das Publikum, seine Aufmerksamkeit auf die beiden Künstler zu richten, die sich die Geschichte und die Bühne teilen: Adrienne Warren, die in „Tina: The Tina Turner Musical“ gebührend gefeiert wurde und 2019 zum ersten Mal am Broadway auftrat, sowie Nick Jonas, der sich bereits 2002 in „Die Schöne und das Biest“, 2003 in „Les Misérables“ und 2012 in der Wiederaufnahme von „How to Succeed in Business …“ bestens in Szene gesetzt hatte. Beide sind außergewöhnliche Schauspieler und beweisen ihr ganzes Talent in diesem bestechenden und immer wieder emotional aufrüttelnden Musical unter Whitney Whites minimalistischer, aber höchst wirkungsvoller Regie.
Zufälligerweise hat „The Last Five Years“ zwei Türen entfernt vom Einakter „Maybe Happy Ending“ seine Heimat gefunden, das zu Beginn dieser Spielzeit Premiere hatte und seinerseits von zwei Robotern handelt, die sich treffen und beschließen, auf Gedeih und Verderb zusammenzuleben. Ein schöner Vergleich …
(Übersetzung: Angela Reinhardt)Musikalische Leitung: Tom Murray • Choreografie: Jeff Kuperman und Rick Kuperman • Bühne: David Zinn • Kostüme: Dede Ayite • Licht: Stacey Derosier • Sounddesign: Cody Spencer • Mit: Nick Jonas (Jamie), Adrienne Warren (Cathy)
Aufmacherfoto: Matthew Murphy