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marco toth chess copyright sebastian c hoffmann 1232 | MUSICAL TODAY

Chess

Kontraste und Emotionen

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Venue
Theater an der Rott
by
Benny Andersson und Björn Ulvaeus (Musik)
Tim Rice (Buch)
Tim Rice und Björn Ulvaeus (Gesangstexte)
Direction
Manuel Dengler
World premiere
1986

„Chess“ geht unter die Haut

Zurück in die Zeit des Kalten Kriegs – Ost gegen West, ohne Kompromisse, mit wenigen Berührungspunkten. Einer davon ist Schach, das Spiel der Intelligenzija. Im ruhigen Meran spielt sich Anfang der 80er Jahre ein Stellvertreterkrieg von größter Dramatik ab: die Schachweltmeisterschaft zwischen dem amtierenden Weltmeister – dem Russen Anatoly Sergievsky, dargestellt von Bonko Karadjov, einem Bariton, der das Grundthema des Stückes mit seiner Stimme hervorragend verkörpert – und dem Amerikaner Frederick Trumper, alias Marco Toth. Größer könnten die Gegensätze nicht sein, schwarz und weiß wie das Schachbrett sind die Welt des Kalten Krieges und der laufende Kampf. Zuschauer, die über den Tellerrand hinausdenken, können diese gespaltene Welt auf die Gegenwart übertragen. „Chess“ ist topaktuell!

Neben der durchgehend starken musikalischen Leistung von Sängern und Orchester gebührt der optisch-szenischen Umsetzung von Ausstatter Manuel Kolip große Anerkennung. Der Kampf der Giganten, der Kontrast der Welt, findet sich punktgenau im Bühnenbild, das ausschließlich von der Geometrie bestimmt wird. Schwarze Dreiecke, manchmal in kalte Farbe getaucht, teilen die Welt in Ost und West, sie gießen die streitenden Weltanschauungen in Formen. Sehr effektvoll durchbrochen wird das strenge Schema durch inverse Lichteffekte, die in kleinsten Dosen etwas Weichheit durchblitzen lassen. Das Schema der Härte und der scharfen Kanten spiegelt sich detailgetreu in den Kostümen wider. Obwohl die Bekleidung neben dem vielen Schwarz durchaus von starken Farben dominiert wird, unterstreicht die jeweilige Schnittführung das gestalterische Gesamtkonzept des Stückes. Das i-Tüpfelchen setzen die strengen Frisuren und die Schminktechnik. Diese Detailversessenheit macht den Abend zu einem großartigen Gesamterlebnis.

Der zweite Akt wird bestimmt von der Schach-Weltmeisterschaft, die ein Jahr später in Bangkok ausgetragen wird. Der Gewinner vom Vorjahr hat sich inzwischen ins westliche Ausland abgesetzt, hat Frau und Kinder verlassen, um mit seiner neuen Liebe ein neues Leben aufzubauen; diese Florence Vassy, verkörpert von der stimmgewaltigen Yvonne Köstler, war paradoxerweise zuvor mit Trumper liiert.

Doch die Liebe lässt sich nicht von Landesgrenzen, Mauern, Ideologien und Repressalien aufhalten, eine wichtige Botschaft dieses Stücks. Es geht unter die Haut, wenn die scharfen Töne der Musik, die lauten und kämpferischen Passagen, die Kernaussage perfekt verkörpernd, plötzlich von unglaublich weichen Sequenzen unterbrochen werden und der Funke der Liebe überspringt. Doch sogleich geht es weiter mit den Schattenseiten, Verrat und Erpressung. Der neue Herausforderer Sergievskys, der linientreue russische Herausforderer Viigand, muss unbedingt gewinnen, dazu werden alle Geschütze aufgefahren. Auch der ehemalige amerikanische Gegner, der in seinem Ego verletzte Trumper, kehrt als TV-Reporter zurück ins Feld. Angeführt wird die Erpressungskampagne vom KGB-Offizier Molokov, perfekt in Szene gesetzt von Norman Stehr. Sie alle spielen ihr Kriegsspiel mit den Waffen aus Liebe, Emotion, Moral und Verrat. Ein großer Spannungsbogen, der sich in der ausdrucksstarken Musik der ABBA-Mitbegründer Benny Andersson und Björn Ulvaeus perfekt widerspiegelt. Doch allen Erpressungsversuchen zum Trotz: Anatoly zieht sein Spiel durch und gewinnt. Damit lässt er auch die Liebe und die Moral gewinnen.

„Genosse Molokov, ich bin Schachspieler! Sie können gerne ihre anderen Spiele spielen!“ Diese Zeilen aus der Feder des großen Librettisten Tim Rice („Evita“, „Jesus Christ Superstar“), sehr ausdrucksstark dargeboten von Bonko Karadjov, bringen zum Ausdruck, was die Welt braucht: Integrität, Liebe, Mut und einen unüberwindbaren Wertekodex.


Musikalische Leitung: Philip Tillotson • Regie und Choreografie: Manuel Dengler • Ausstattung: Manuel Kolip • Video: Bonko Karadjov und Manuel Kolip • Licht: Georg Ochsenbauer • Sounddesign: Christian Etzelsbeck • Mit: Marco Toth (Frederick Trumper), Yvonne Köstler (Florence Vassy), Bonko Karadjov (Anatoly Sergievsky), Armin Stockerer (Walter de Courcey), Norman Stehr (Alexander Molokov), Eva Maria Amann (Svetlana Sergievskaya) • Trio (Erzähler, Schiedsrichter, Einwohner von Merano, Reporter, Abgeordnete, Beamte, Die Stimme des Volkes etc.): Tina Ajala, Laura Saleh, Markus Schiefer

Aufmacherfoto: Sebastian C. Hoffmann

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