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Hairspray

Niemand stoppt den Beat

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Venue
Staatstheater Darmstadt
by
Marc Shaiman (Music)
Mark O’Donnell und Thomas Meehan (Buch)
Scott Wittman und Marc Shaiman (Liedtexte)
Jörn Ingwersen und Heiko Wohlgemuth (Deutsche Fassung)
Direction
Erik Petersen
World premiere
2002

„Hairspray“ begeistert mit Herz, Humor und Haltung

Seit seiner Broadway-Premiere 2002 zählt „Hairspray“, nicht zuletzt dank der erfolgreichen Verfilmung mit John Travolta, auch hierzulande zu den Musical-Dauerbrennern. Das Feelgood-Stück nach dem gleichnamigen Film von John Waters (1988) verbindet Unterhaltung, eingängige Musik und ernste Themen: Vorurteile, Diskriminierung, Rassismus und Body-Shaming sind nur einige davon.

Erzählt wird die Geschichte von Tracy Turnblad, die im Baltimore der 1960er Jahre davon träumt, bei der Corny-Collins-Tanzshow mitzumachen. Im Verlauf der Handlung wird sie – vor dem obligatorischen Happy End – mehr und mehr mit der gesellschaftlichen Realität konfrontiert, zu der nicht nur missgünstige Konkurrentinnen, sondern auch die damals in den USA noch immer herrschende Rassentrennung zählen.

Die aus Bonn übernommene Inszenierung von Erik Petersen findet eine ausgewogene Balance zwischen Entertainment und nachdenklichen Momenten. Sie ist temporeich, vermeidet unnötige Längen und gibt den Darstellenden dennoch genügend Raum zur Entfaltung. Insbesondere mit optischen Schauwerten wird nicht gegeizt: angefangen bei den schier endlosen, wunderbar in die Zeit passenden Kostümen bis zur detailverliebt eingerichteten Bühne (Ausstattung: Dirk Hofacker). Als zentraler Schauplatz dient ein Einkaufszentrum, dessen Läden – allesamt im nostalgischen Sixties-Stil gestaltet – sich durch drehbare Bühnenelemente in Sekundenschnelle verwandeln können.

Star des Abends ist Antonia Tröstl als Tracy, der es von Minute eins an gelingt, die Sympathien des Publikums für sich zu gewinnen und mit ihrer positiven Laune anzustecken. Darstellerisch besticht Tröstl mit ihrer starken Bühnenpräsenz, auch stimmlich beweist sie sich auf ganzer Linie. Ebenso hervorragend besetzt ist Dirk Weiler als Tracys Mutter Edna. Weiler beweist großes komödiantisches Talent, ohne die Figur ins Lächerliche abgleiten oder zu einer Karikatur werden zu lassen. Sein mit Volker Metzger, der Tracys Vater mit viel Nahbarkeit spielt, dargebotenes Duett „Du bist zeitlos für mich“ wird zum Showstopper – und vom Publikum mit reichlich Szenenapplaus belohnt.

In den Nebenrollen wartet die Darmstädter Produktion ebenfalls mit exzellenten Darstellenden auf: Daniel Johnson als charmanter Link Larkin, Maickel Leijenhorst als tänzerisch ausgezeichneter Seaweed, Mirjam Wershofen als liebenswert-verschrobene Penny sowie Sarah Steinemer als herrlich zickige Amber. In gleich mehreren, großartig überzeichneten Rollen ist Tobias Brönner zu erleben, darunter Moderator Corny Collins und Mister Pinky. Kerstin Ibald spielt die fiese Velma van Tussel mit sichtlichem Vergnügen und beeindruckt in „Miss Baltimore Crabs“ mit ihrem präzisen Comedy-Timing, während Monica Lewis-Schmidt in der dankbaren Rolle von Motormouth Maybelle vollends zu überzeugen weiß. Mit „Ich weiß, wo ich war“ liefert sie ein wahres Soul-Feuerwerk ab, das die zentrale Botschaft des Musicals eindrucksvoll bündelt und für Gänsehautmomente sorgt.

Das Staatsorchester Darmstadt unter Leitung von Luis Richter setzt Marc Shaimans ohrwurmlastige, nostalgisch schillernde Partitur mit Präzision, Drive und gutem Gespür für klangliche Nuancen um. Ein besonderes Lob verdienen die energiegeladenen Choreografien von Sabine Arthold, die das bestens gelaunte Ensemble mit ansteckender Spielfreude präsentiert. Spätestens nach dem mitreißenden Finale „Niemand stoppt den Beat“ hält es keinen im Saal mehr auf den Sitzen. Der tosende Applaus am Ende unterstreicht, dass dem Staatstheater Darmstadt mit „Hairspray“ ein echter Publikumshit geglückt ist – ein Abend, bei dem neben hervorragender Unterhaltung auch die ernsten Botschaften nicht zu kurz kommen.


Musikalische Leitung: Luis Richter • Regie: Erik Petersen • Choreografie: Sabine Arthold • Ausstattung: Dirk Hofacker • Sounddesign: Niklas Keuser und Hendrik Dingler • Chorleitung Jugendchor: Rodrigo Cob Peña • Mit: Antonia Tröstl (Tracy Turnblad), Dirk Weiler (Edna Turnblad), Volker Metzger (Wilbur Turnblad), Monica Lewis-Schmidt (Motormouth Maybelle), Maickel Leijenhorst (Seaweed J. Stubbs), Tobias Brönner (Corny Collins u.a.), Kerstin Ibald (Velma von Tussle), Sarah Steinemer (Amber von Tussle), Mirjam Wershofen (Penny Pingleton), Sonja Bühling (Prudy Pingleton u.a.) u.a. • Jugendchor und Statisterie des Staatstheaters Darmstadt • Staatsorchester Darmstadt

Aufmacherfoto: Nils Heck

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