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Kein Pardon ohne 48 | MUSICAL TODAY

Kein Pardon – Das Musical

Witzigkeit kennt keine Grenzen

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Venue
First Stage Theater Hamburg
by
Achim Hagemann und Thomas Zaufke (Musik)
Thomas Hermanns (Buch und Liedtexte)
Direction
Franziska Kuropka
UraufführunG
2011

Hape Kerkelings „Kein Pardon“ als großes Vergnügen

2011 erlebte Hape Kerkelings Kultfilm „Kein Pardon“ als Musical mit Buch und Liedtexten von Comedian Thomas Hermanns seine Uraufführung in Düsseldorf. Nun kommt das Stück in Hamburg mit 35 Absolventinnen und Absolventen der Stage School und Musicalstar Nik Breidenbach auf die Bühne.

Regisseurin Franziska Kuropka gelingt eine witzig-komische Produktion, die nicht nur als Medien-Satire funktioniert, sondern auch als Stück über einen jungen Menschen, der seinen Platz im Leben sucht. Dabei schafft sie es, den Rollen in ihrer Durchgeknalltheit obendrein Tiefe zu geben.

Philip Rakoczy begeistert als Antiheld Peter Schlönzke mit seiner angenehmen und tonsicheren Stimme. Anfangs schüchtern, eifert er naiv seinem Idol Heinz Wäscher hinterher und will unbedingt zum Fernsehen. Als er trotz eines missglückten Talentwettbewerbs dennoch in dessen Fußstapfen tritt, entwickelt er sich selbst zum Tyrannen und fällt – wie sein Idol – tief: vom Schnittchenverkäufer zum Fernsehstar und zurück. Rakoczy kauft man die unterschiedlichsten Facetten allesamt ab. Wenn er sich im zweiten Akt mehr und mehr in Rage spielt, ist das großes Kino! Genau wie bei Nik Breidenbach, der als Heinz Wäscher ein einziger Genuss ist. Für nichts Zeit („Isch hab doch ka Zeit!“) und dennoch dauerpräsent, kann das alte Fernsehzirkuspferd gar nicht fassen, dass es ausrangiert wird, worauf zu Beginn des zweiten Aktes ein großartiger Abtritts-Monolog folgt. Wenn Breidenbach am Schluss als Uschi Blum noch einen Drag-Auftritt hinlegt, bleibt kein Auge trocken.

Auch alle anderen sprühen vor Spielfreude: Munja Meier gibt Mutter Hilde herrlich überdreht, Pascal Giebel genial teilnahmslos den Opa Schlönzke und Viola Bremer komisch-grotesk die verschrobene Oma Schlönzke – alle mit Ruhrpott-Schnauze. Ilka Kottkamp als Peters „Kumpel Nummer 1“ Ulla ist stimmlich eine Wucht, farbenreich und powervoll, besonders im Duett „Klingelsturm“ mit Rakoczy. Auch das abgebrühte Produktionstrio sorgt für köstlich-komische Momente: Der junge Timo Stark verkörpert den vom Showbiz gezeichneten Regisseur Bertram außergewöhnlich glaubhaft und mit charmant-authentischem österreichischem Akzent. Marc Verhaelen gibt den farblosen Redakteur Walter treffend lemminghaft und Victoria Kerbl großartig genervt und stimmlich stark die Redakteurin Doris. Außerdem noch hervorzuheben: die vielseitige Laura Schäfer, die als Tante Irmgard genauso treffend nervt, wie sie mit dem Schachtelhalm-Alm-Jodler beim Talentwettbewerb entgeistert. Alle werden sie den großen Film-Vorbildern gerecht – teilweise fast zum Verwechseln ähnlich.

Große Spielfreude ist auch beim „Showchester“ (Phil Steen, Jonas Stadelmaier, Johannes Hierluksch, Florian Kemper; musikalische Leitung: Nicolas Mischke) zu spüren, das die Ohrwurm-verdächtigen Melodien von Achim Hagemann und Thomas Zaufke zum Besten gibt. Die energiegeladenen Choreografien von Sven Niemeyer überzeugen als Show-Nummern des „Fernsehballetts“ genauso wie als witzige Bürostuhl-Choreo, temporeich und präzise.

Felix Wienbürger versetzt mit seinem Bühnenbild in die späten 80er/frühen 90er Jahre: 26 Monitore umrahmen das Bühnenportal und zeigen zu Beginn „Biene Maja“, „Glücksrad“, die „Knoff-Hoff-Show“ und weitere Klassiker. Ein piefiges Wohnzimmer mit stimmig-scheußlichen Tapeten, Fließentisch und Häckeldeckchen unterm holzeingefassten Röhrenfernseher, ein kleinbürgerlicher Feinkostladen und natürlich die silberglitzernde Showtreppe im TV-Studio sind detailliert genug und dennoch funktional, um schnelle Umbauten zuzulassen. Die Kostüme von Volker Deutschmann und Hermine Seifert unterstreichen die spießbürgerliche Welt und setzen bei den Showgirls und Heinz Wäscher mit viel Bling-Bling einen passenden Kontrast. Außerdem sorgen diverse Schalke-Devotionalien für eine ordentliche Portion Ruhrpott-Feeling. Und dann ist da noch das grandiose Kostüm des lustigen Glückshasen – einfach wow!

Wen der Film begeistert, der wird auch die Hamburger Produktion des Musicals lieben.


Musikalische Leitung: Nicolas Mischke • Choreografie: Sven Niemeyer • Bühne: Felix Wienbürger • Kostüme: Volker Deutschmann und Hermine Seifert • Licht: Felix Wienbürger • Sounddesign: Nils Steinkamp • Mit: Nik Breidenbach (Heinz Wäscher/Uschi Blum), Dominique Amport (Bettina), Viola Bremer (Oma Helma Schlönzke), Pascal Giebel (Opa Herrmann Schlönzke), Victoria Kerbl (Redakteurin Doris), Ilka Kottkamp (Ulla), Dominik Krumschmidt (Aufnahmeleiter/Kameramann), Munja Meier (Hilde Schlönzke), Tim Metzler (Glücksautomat), Luisa Neumann (Bettinas Mutter), Svea Pöhner (Karin), Philip Rakoczy (Peter Schlönzke), Laura Schäfer (Tante Irmgard/Kundin/Nonne/Frau Becker), Timo Stark (Regisseur Bertram), Marc Verhaelen (Redakteur Walter) • Band: Phil Steen (Bass), Jonas Stadelmaier (Schlagzeug), Johannes Hierluksch (Keyboard), Florian Kemper (Gitarre)

Aufmacherfoto: Dennis Mundkowski

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