02 Pressefoto PrettyWoman Das Musical 2025 LLE c Dominik Flohr 1 | MUSICAL TODAY

Pretty Woman – Das Musical

Schönheit allein reicht nicht

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Venue
Limelight Live Entertainment (Metronom Theater Oberhausen)
by
Bryan Adams und Jim Vallance (Musik und Liedtexte)
Garry Marshall und J. F. Lawton (Buch)
Frank Ramond und Nina Schneider (Deutsche Fassung)
Direction
Carline Brouwer
World premiere
2018

„Pretty Woman“ – stark im Hintergrund, schwach im Zentrum

„Pretty Woman – Das Musical“ basiert auf dem namensstiftenden Filmklassiker von Garry Marshall und J. F. Lawton. Die Songs der 2018 in Chicago uraufgeführten Musicalfassung schrieben Bryan Adams und Jim Vallance. Inhaltlich bleibt das RomCom-Musical nah an der Vorlage: Die Prostituierte Vivian entwickelt sich zu einer Frau, die nicht einfach gerettet werden, sondern ihr Leben selbst in die Hand nehmen will. Sie verdreht ihrem Aufriss, dem aalglatten Kapitalisten Edward, schnell den Kopf. Das Stück ist aktuell in der deutschen Fassung von Nina Schneider und Frank Ramond auf Tournee durch den deutschsprachigen Raum. Wie schon für die niederländische Tour zeichnet auch hier Carline Brouwer für die Regie verantwortlich.

Mit Shanna Slaap (Vivian) und Mathias Edenborn (Edward) stehen zwei Darstellende auf der Bühne, die ihre Rollen bereits aus der niederländischen bzw. Hamburger Produktion kennen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das Protagonisten-Paar. Diese werden jedoch oft enttäuscht: Beide sprechen mit starkem Akzent, der sich vor allem während der Dialoge hartnäckig durchsetzt. Ihre Texte klingen so oft aufgesagt und hohl, als würde es sowohl Slaap als auch Edenborn an Verständnis fehlen, was sie da eigentlich sagen – und auch spielen. In ihren Songs schaffen es beide dann glücklicherweise doch, dem Publikum eine Gänsehaut zu verpassen. Die Entwicklung ihrer Figur zur selbstbestimmten Frau ist durch Slaaps Schwächen in der Darstellung nur wenig glaubhaft. Dabei gibt Edenborn sein Bestes, seine „Pretty Woman“ strahlen zu lassen, und scheint während des zweiten Aktes endlich in seiner Rolle anzukommen.

Die Nebenrollen sind im Vergleich zu den Hauptfiguren stark besetzt: Sophie Reinicke als Kit de Luca überzeugt mit sprudelnder Energie und kraftvoller Stimme, Benjamin Plautz gefällt als schmieriger Stuckey. Benedikt Ivo glänzt mit großer Wandelbarkeit als Happy Man, Hotelmanager Thompson und Mr. Hollister und führt das Ensemble mit Leichtigkeit tänzerisch an. Ein Perückenwechsel auf der Bühne und schon schlüpft er in eine andere Rolle. Sophie de Schryver fällt in ihren Leading-Momenten stimmlich auf und sticht aus dem Ensemble deutlich hervor. Es verwundert, dass sie nur die Zweitbesetzung der Vivian ist.

Bühnenbild (Carla Janssen Höfelt) und Lichtdesign (Marc Heinz) machen mit wenigen Mitteln sämtliche Schauplätze der Story sichtbar: Ein dreistöckiger Bau mit Feuertreppen verwandelt sich durch Licht, Vorhänge und klappbare Elemente in Straßenstrich, Oper oder Polofeld. Die sechsköpfige Band unter Leitung von Dan Tomkinson sorgt für Druck und Stilvielfalt von Popballaden über Rap bis Oper.

Die Inszenierung balanciert geschickt zwischen Wiedererkennung des Kultfilms und der Musicalisierung des Erzählstoffs. Die Songs wirken narrativ und die Choreografien (Eline Vroon) treiben die Handlung voran, ohne bloß dekorativ zu sein. Das Rotlichtmilieu wird klar gezeigt, ohne ins Geschmacklose abzurutschen. Sexszenen auf der Bühne darzustellen ist heikel, da sie unmittelbarer wirken als auf der Leinwand. Hier werden körperliche Intimitäten zwischen Prostituierten und Freiern im Halbdunkel präzise durchchoreografiert gezeigt, sodass diese nicht voyeuristisch wirken. Die Choreografie wird somit zum wichtigen erzählerischen Mittel und trägt entscheidend zu den gelungenen Momenten der Produktion bei.

Die eindrucksvollste Szene des Abends ist der Opernbesuch: Das Bühnengeschehen von „La traviata“ und der Moment der behutsamen Annäherung in der Loge werden parallel geführt. Das Publikum ist berührt von Edwards Erkenntnis, dass er sich in Vivian verliebt hat. Die Inszenierung setzt weniger auf große Effekte als auf feine Akzente – und diese tragen nicht alle Figuren gleichermaßen. So entsteht ein Musicalerlebnis mit starken Momenten, wobei viele andere Szenen jedoch nicht auf Anhieb zünden. 


Music Supervision: Simone Manfredini • Musikalische Leitung: Dan Tomkinson • Regie: Carline Brouwer • Choreografie: Eline Vroon • Bühne: Clara Janssen-Höfelt • Kostüme: Cocky van Huijkelom • Licht: Marc Heinz und Jordy Veenstra • Sounddesign: Ramon van Stee und Gareth Owen • Mit: Shanna Slaap (Vivian), Mathias Edenborn (Edward), Sophie Reinicke (Kit de Luca), Benjamin Plautz (Philip Stuckey), Benedikt Ivo (Happy Man/Mr. Thompson/Mr. Hollister) u.a.

Aufmacherfoto: Dominik Flohr

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