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030 Raphael Binde Alea Hagedorn Daniel Therrien und Diana Leonie Baerhold Mindcraft Foto Christian Krautzberger LT2 8291 | MUSICAL TODAY

Mindcraft

Sound der Zukunft?

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Venue
Salzburger Landestheater
by
Carolin Anna Pichler, Kate Watson und Wolfgang Götz
mit Unterstützung von KI (Musik und Gesgangstexte)
Carolin Anna Pichler (Buch)
Direction
Carl Philip von Maldeghem
World premiere
2025

Game over für den Transhumanismus: das KI-Musical „Mindcraft“

Unfassbar: Die Künstliche Intelligenz ist auf der Bühne des Salzburger Landestheaters angekommen. Doch keine Sorge, die Darstellerinnen und Darsteller sind nach wie vor aus Fleisch und Blut, haben Herz, Hirn und Verstand und bekommen folglich auch ein Honorar für ihren schillernden Auftritt. Obwohl bereits nach den ersten Bühnenmomenten der Eindruck entsteht, dass das, was da blinkt, zappelt, leuchtet und rotiert, doch eher das kreativ designte Display eines Video-Games sein könnte. Musik, Lichtdesign und sich bewegende polymorphe Strukturen, die per Videoinstallation im Bühnenhintergrund zu sehen sind, lassen die tanzenden (menschlichen) Figuren auf der immer wieder rotierenden Drehbühne wie Avatare wirken. Das Kreativteam (Ausstattung: Vanessa Habib und Johanna Lakner) hat also ganze Arbeit geleistet.  

Das Jugendstück „Mindcraft“ in einer Dialogfassung von Sarah Henker nach einem Entwurf der Komponistin Carolin Anna Pichler ist das erste deutschsprachige Musical, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz komponiert wurde. Und dieser KI-gestützte Future-Sound, der unter der Anleitung von Wolfgang Götz und Kate Watson entstanden ist, klingt beängstigend gut. Ein zeitaktuelles Werk, das in der Regie von Intendant Carl Philip von Maldeghem seine umjubelte Uraufführung feiert. 

Die Geschichte spielt zwischen Sein und Schein und katapultiert das Publikum in eine computerdesignte andere Welt zwischen Realität und Gaming-Kosmos. Die Realität, das ist für die vier Jugendlichen Becky (Leopoldine Richards), Lara (Carla Kottulinsky), Chris (Daniel Fussek) und Nick (Paul Plainer) ein Leben (und Leiden) in mehr oder minder schwierigen familiären Strukturen, denen sie durch das gemeinsame Gamen entfliehen wollen. Im richtigen Leben sind sie sich nie begegnet. Das ändert sich schlagartig, als sie den Pfad des Erlaubten verlassen und in ein streng geheimes und deshalb ungemein aufregendes Online-Spiel einsteigen. „Are you ready to play?“ – das Spiel, in dem scheinbar alles möglich ist, beginnt. Und wird schneller, als ihnen lieb ist, zur ernst zu nehmenden Bedrohung ihres eigenen menschlichen Seins.  

Nachdem die ersten Spiellevels mit ihren selbst geschaffenen Avataren überwunden sind, kommt es zu einem furchteinflößenden Zwischenfall: Die vier werden zu Gefangenen der eigenen Avatar-Schöpfungen, werden auch physisch in die digitale Welt hineingezogen und somit unfreiwillig zum Teil des Games. Ein göttlicher Gamemaker (Christoph Wieschke) hat es darauf abgesehen, ihnen die Emotionen „abzusaugen“. Sein definiertes Ziel: Transhumanismus – der Sieg der Maschinen über die Menschheit. Menschen sollen zu seelenlosen Existenzen reduziert werden. Das Spiel dreht sich: Die vier im Spiel „Gefangenen“ suchen verzweifelt nach einem Exit, werden in albtraumhafte Gedankenstrudel hineingezogen. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich und den jeweiligen inneren Problemwelten, das zwischenmenschliche Zusammenhalten und Aufeinander-Schauen wird überdeutlich als einzige Überlebenschance identifiziert. Ob sich die Helden am Ende aus dem digitalen Netz der selbst geschaffenen Dystopie herausbeamen können?  

Das Musical überzeugt auf ganzer Linie. Analoges Vergnügen und zwischenmenschliche Begegnung im Theaterraum, ob auf oder vor der Bühne, ist weitaus besser und spannender als jedes Game im digitalen Schein-Universum. Die Theater-Avatare Asami (Alea Hagedorn), Duality (Diana Leonie Bärhold), NoFace (Daniel Therrien) und Optimus (Raphael Binde) sind in ihren stilisierten Dyskinesien, Tänzen und Gesangseinsätzen einfach hypergalaktisch und verfügen somit über weitaus größere Anziehungskraft als jede digitale KI-Gestalt. Dazu kommt die geballte Wucht an regionalen Nachwuchstalenten, die zusammen mit Profis und dem Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor eine mehr als gute Figur abgeben. Das junge Ensemble zeigt – gesanglich, aber auch tänzerisch in Choreografien von Josef Vesely und Kate Watson –, dass die reale, kreative Kraft guten (Musik-)Theaters der „Power of Gaming“ den Rang abläuft. 


Musikalische Leitung: Wolfgang Götz • Choreografie: Josef Vesely und Kate Watson • Ausstattung: Vanessa Habib und Johanna Lakner • Mit: Leopoldine Richards (Becky), Daniel Fussek (Chris), Paul Plainer (Nick), Carla Kottulinsky (Lara), Alea Hagedorn (Sabine), Xenia Aurea Mangeng (Jana), Emilia Grabner (Victoria), Lorelai Bawah (Conny), Raphael Binde (Optimus, Chris’ Avatar), Daniel Therrien (NoFace, Nicks Avatar), Alea Hagedorn (Asami, Laras Avatar), Diana Leonie Bärhold (Duality, Beckys Avatar), Christoph Wieschke (Gamemaker) • Dance-Crew •  Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor 

Aufmacherfoto: SLT/Christian Krautzberger

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