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The Addams Family Iris Atzwanger Carlotta Hein Emma Kretschmer Michael Kamp Holger Kraft Maike Elena Schmidt Gregor Loebel Svea Schiedung c Andreas Etter scaled 1 | MUSICAL TODAY

The Addams Family

Halloween-Party im Frühling

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Staatstheater Mainz
von
Andrew Lippa (Musik)
Marhsall Brickman & Rick Elice (Buch)
Regie
Christian Brey
UraufführunG
2009

„The Addams Family“ setzt auf den Kultcharakter seiner Figuren

Es gibt Musicals, die leben von ihren Ohrwurm-Songs. Andere bleiben wegen ihrer Choreografien im Gedächtnis und wieder andere fesseln durch ihre Story. Das Musical „The Addams Family“ lebt von seinen Figuren. Und das nahezu ausschließlich. Die Charaktere werden beim Publikum als aus Film und Fernsehen bekannt vorausgesetzt. Man vertraut auf ihren Kultcharakter und präsentiert eine Kette von Wiedererkennungseffekten. Am Staatstheater Mainz wurde das liebevoll umgesetzt und eine regelrechte Addams-Family-Fan-Party organisiert.

Es gibt eine Sonderausgabe der hauseigenen Theaterzeitung, in der Szenenfotos der Produktion als Comic-Strip mit Sprechblasen präsentiert werden. Das erinnert daran, dass es sich ursprünglich um eine in den 1930er Jahren erfolgreiche Cartoon-Serie gehandelt hatte, die dann zunächst in den 60ern als Vorlage für eine Fernsehserie diente und schließlich in den 90ern mit zwei Kinofilmen endgültig zum Kult wurde. In der Pause werden giftgrüne Cocktails serviert (die übrigens im Eintrittspreis enthalten sind). Die Bühne wird von unheilvoll-bizarren Baum-Schattenrissen eingerahmt. Der Hinweis auf das Ausschalten der Mobilgeräte zu Beginn der Vorstellung tönt mit der Stimme von Morticia Addams aus den Lautsprechern, die bei Verstößen gegen das Aufzeichnungsverbot oder Störungen durch Handygeklingel mit sadistischer Vorfreude üble Strafen androht (was man für andere Produktionen übernehmen sollte).

Wenn die Show dann beginnt, sieht man sehr gelungen hergerichtete Lookalikes der Kinovorbilder (Ausstattung: Anette Hachmann und Elisa Limberg) und viele Reminiszenzen: So scheint Maike Elena Schmidt als vampiresk-kühle Morticia, schlank und hochgewachsen, in ihrem bodenlangen Kleid über die Bühne zu schweben, ein Eisbärenfell schnappt nach Hausgästen, Onkel Fester bringt eine Glühbirne in seinem Mund zum Leuchten, allenthalben wuselt das „eiskalte Händchen“ durch das Bühnengeschehen. Es gibt sogar Anspielungen für echte Kenner: Dass etwa Grandma Addams in der Fernsehserie die Mutter des Familienoberhaupts Gomez ist, in den Kinofilmen aber die Mutter seiner Gattin Morticia, führt zu einer Pointe in einem Streitgespräch der Eheleute: „Meine Mutter? Ich dachte, sie wäre Deine Mutter!“

Die eigentliche Handlung ist dünn und dient lediglich als Bindemittel für die Präsentation der skurrilen Charaktere: Wednesday, die gefühlskalte Tochter der Familie (typgerecht: Carlotta Hein), ist erwachsen geworden und hat sich in den harmlosen Lucas verliebt (David T. Meyer als Waschlappen wie aus dem Bilderbuch). Dessen spießige Eltern werden zur Dinner-Party auf das morbide Addams-Anwesen geladen. Beim Spiel „Sag die Wahrheit“ und unter der Wirkung eines fälschlich verabreichten Zaubertranks kommt es zur kurzzeitigen Eskalation, überraschenden Selbsterkenntnissen und diversen Beziehungskrisen, die in ein harmloses Happy End münden. Wie gesagt: nicht der Rede wert.

Die Musiknummern von Andrew Lippa bauen überwiegend auf lateinamerikanische Rhythmen, sind nett anzuhören, enthalten keine einprägsamen Melodien und werden schmissig, aber etwas schlagzeuglastig von der kleinen Instrumental-Combo unter Leitung von Tobias Cosler serviert. Gesanglich profilieren sich lediglich Maike Elena Schmidt als Morticia und Anika Baumann als Lucas’ Mutter. Holger Kraft darf als Fester ein schaurig-schiefes Liebeslied an den Mond krähen. Michael Kamp brilliert mit pseudo-spanisch lispelndem Akzent als Vater Gomez, erzählt nebenbei seine Familiengeschichte und darf gelegentlich die vierte Wand durchbrechen und sich unmittelbar an das Publikum wenden. Die choreografischen Elemente (Yoko El Edrisi) bleiben überwiegend einer Handvoll Tänzer überlassen.

Als Musical Comedy ist das Stück kaum der Rede wert. In Mainz machen sie daraus aber eine kultige Halloween-Party mitten im Frühjahr, die ihre Wirkung auf das Publikum nicht verfehlt.


Musikalische Leitung: Tobias Cosler • Choreografie: Yoko El Edrisi • Ausstattung: Anette Hachmann und Elisa Limberg • Licht: Ulrich Schneider • Sounddesign: Sven Bonse • Mit: Michael Kamp (Gomez), Maike Elena Schmidt (Morticia), Holger Kraft (Fester), Iris Atzwanger (Grandma), Carlotta Hein (Wednesday), Emma Kretschmer (Pugsley), Gregor Loebel (Lurch), Klaus Köhler (Mal Beineke), Anika Baumann (Alice Beineke), David T. Meyer (Lucas Beineke), Svea Schiedung (Eiskaltes Händchen u.a.) u.a. • Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz

Aufmacherfoto: Andreas Etter

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