Sutton Foster ist eine herrlich komische Prinzessin auf der Erbse
Als beglückendes Vorspiel zur neuen Broadway-Saison hat mit „Once Upon a Mattress“ (wörtlich „Es war einmal auf einer Matratze“) genau die Art von Musical eine frühe Premiere, die ihr Publikum strahlend und fröhlich aus dem Theater entlässt. Die lockere, humorvolle Adaption von Hans Christian Andersens Märchen „Die Prinzessin auf der Erbse“ erzählt von Prinzessin Winnifred, die von Königin Aggravain einem Empfindlichkeitstest unterzogen wird: Sie muss auf einem Stapel von zwanzig Matratzen schlafen, unter denen sich eine Erbse befindet, damit sie überhaupt infrage kommt, Prinz Dauntless zu heiraten, den Thronfolger und Sohn der Königin. Das fantasievolle Märchen aus einem fiktionalen mittelalterlichen Reich wird hier zur urkomischen Komödie, deren Tempo oft an die Filme der Marx Brothers erinnert.
Das Musicalmärchen ist nicht zum ersten Mal am Broadway zu sehen. Das Werk von Jay Thompson, Marshall Barer und Dean Fuller (Buch), Mary Rodgers (Musik) und Marshall Barer (Gesangstexte) hatte ursprünglich 1959 Premiere und lief damals 470 Aufführungen lang; 1996 und 2015 wurde es in Off-Broadway-Theatern neu inszeniert. Für die Rückkehr an den Broadway selbst hat nun Amy Sherman-Palladino eine Neufassung erstellt – herausgekommen ist eine fröhlich-explosive Show. Den Ton gibt gleich zu Beginn die frivole „Ouvertüre“ vor, und deren Schwung behält die Produktion dank der ausgelassenen Regie von Lear deBessonet, der straffen Choreografie von Lorin Latarro und des Mitwirkens mehrerer bestens aufgelegter Komödianten durchweg bei. Einschließlich des Stars Sutton Foster spielen sie alle ihre Rollen bis zum Anschlag aus.
Als eine der besten Musicaldarstellerinnen der Gegenwart war Foster in den letzten Jahren der Publikumsmagnet in vielen Produktionen wie „The Music Man“, „Anything Goes“, „Shrek“, „Violet“ und Anfang des Jahres, wieder mit Josh Groban, in einer Wiederaufnahme von „Sweeney Todd“ – einem Werk, das ihre persönliche Vorliebe für wilde Komödien doch stark beschnitt. Hier nun lässt sie jede Hemmung fahren und macht Winnifred zu einer sprudelnden, überschwänglichen Figur; sie beherrscht die Bühne und sorgt mit ihrer enthusiastischen Darbietung für reichlich Aufregung. Damit ist sie nicht allein, denn auch Ana Gasteyer übertreibt in ihrer grandiosen Rolle als Königin gnadenlos, womit sie an ihr aufbrausendes Alter Ego in der Disney-Zeichentrickserie „Alice in der Wunderland-Bäckerei“ erinnert. David Patrick Kelly als sprachloser König Sextimus der Stumme (er wird erst dann wieder sprechen, „wenn die Maus den Falken verschlingt“) erinnert an die hysterischen Leinwandscherze von Harpo Marx.
Will Chase und Nikki Renée Daniels tragen mit ihren frechen Nebenbemerkungen auf ganz persönliche Weise Humor und Fantasie zur Geschichte bei; er bezaubert als Sir Harry, Ritter einer viereckigen Tafel, und sie als Lady Larken, die schwangere Dame de Compagnie (Hofdame) der Königin. Als Narr und Zauberer amüsieren Daniel Breaker und Brooks Ashmanskas in ihren jeweiligen Interpretationen, während Michael Urie als Prinz so fröhlich wie idiotisch daherkommt. Sie alle scheinen sich auf der Bühne prachtvoll zu amüsieren, und genau dieses Gefühl stellt sich auch beim Publikum ein.
Mit der farbenfrohen Ausstattung von David Zinn (Bühnenbild), Justin Townsend (Lichtdesign) und Andrea Hood (Kostüme) sowie dem Orchester unter der Leitung von Annbritt duChateau wird eine rundum spritzige Produktion daraus, die von Anfang bis Ende wie Champagner sprudelt.
Einen großen Teil ihrer Wirkung aber verdankt die gesamte Produktion Sutton Foster: Sie geht den ganzen Abend lang weit über das bloße Spielen einer Rolle hinaus und teilt obendrein ihren sichtbaren Spaß am Ausgelassen-Sein mit dem Publikum, ihr wonniges Aus-der-Kurve-Fliegen. Ihr ist es zu verdanken, dass dieses Revival von „Once Upon a Mattress“ die vorangegangenen Aufführungen bei Weitem übertrifft und noch lange nach dem Ende der Laufzeit in Erinnerung bleiben wird.
(Übersetzung: Angela Reinhardt)
Musikalische Leitung: Annbritt duChateau • Regie: Lear deBessonet • Choreografie: Lorin Latarro • Bühne: David Zinn • Kostüme: Andrea Hood • Licht: Justin Townsend • Sounddesign: Kai Harada • Mit: Sutton Foster (Princess Winnifred), Michael Urie (Prince Dauntless), Brooks Ashmanskas (Wizard), Daniel Breaker (Jester), Will Chase (Sir Harry), Nikki Renée Daniels (Lady Larken), Ana Gasteyer (Queen Aggravain), David Patrick Kelly (King Sextimus the Silent) u.a.
Aufmacherfoto: Joan Marcus