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Twelfth Night (Was ihr wollt)

Der Liebe Nahrung

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Staatstheater Wiesbaden (Junges Staatsmusical)
von
Kwame Kwei-Armah & Shaina Taub (Entwicklung)
Shaina Taub (Musik und Gesangstexte)
Regie
Iris Limbarth
UraufführunG
2016

Shaina Taubs Shakespeare-Musical „Twelfth Night“

Immer wenn das Musical sich William Shakespeares angenommen hat, konnte es mit seiner Genre-spezifischen Leichtigkeit den ohnehin schon genialen Stücken des Schwans von Stratford-upon-Avon neue Reize abgewinnen: von Cole Porters „Kiss Me, Kate“ (nach „Der widerspenstigen Zähmung“) über Leonard Bernsteins „West Side Story“ („Romeo und Julia“) bis hin zu „Twelfth Night“ („Was ihr wollt“).

Letzteres, von der 1988 geborenen Singer-Songwriterin und Schauspielerin Shaina Taub komponierte und gemeinsam mit Kame Kwei Armah entwickelte Musical wurde in New York uraufgeführt. In Deutschland war es das erste und bisher einzige Mal 2022 im Münchner Prinzregententheater zu sehen. Nun hat sich das Junge Staatsmusical Wiesbaden des mit Pop-, Folk- und Jazz-Elementen „musicalisch“ aufgepeppten Klassikers angenommen – und beschert dem Musical-Fan ein Vergnügen, für das sich die Anreise aus jedem noch so entfernten Winkel der Republik lohnt.

Die Geschichte handelt von dem Zwillingspaar Viola und Sebastian, das Schiffbruch erleidet. Während Viola sich an den Strand von Illyrien retten kann, bleibt Sebastian verschollen. Viola schlüpft in Männerkleider, nennt sich Cesario und findet so eine Anstellung als Diener des Herzogs Orsino (ein liebenswert gestandener Mann: Maximilian Schneider). Der ist in die Gräfin Olivia verliebt, wird jedoch von ihr abgewiesen. Also bekommt Cesario den Auftrag, im Namen Orsinos um Olivia zu werben. Olivia verliebt sich jedoch in Cesario/Viola, die wiederum ein Auge auf Orsino geworfen hat. Um die Verwirrung auf die Spitze zu treiben, glaubt Olivias Haushofmeister Malvolio, dass seine Herrin in ihn verliebt ist. Und als auch noch der totgeglaubte Sebastian (mit lausbübischem Charme: Jan Volpert) auftaucht, bricht das vorprogrammierte Chaos vollends aus – bis es sich in einem Vier-Paare-Happy-End in Wohlgefallen auflöst.

„Wenn Musik der Liebe Nahrung ist, spielt fort!“, heißt es, wenn das Stück beginnt. Und mit dem Song „Spielt fort“ legt das Ensemble gleich ein fetzig choreografiertes Opening hin, das als Versprechen den ganzen Abend Bestand haben wird. Neben dem geradezu spielwütigen Ensemble, das sowohl gesanglich wie auch tänzerisch keinen Wunsch offenlässt – und das sogar die nicht einfach zu sprechenden Original-Shakespeare-Texte authentisch rüberbringt – brilliert vor allem ein Solisten-Quartett, das der Inszenierung seinen Stempel aufdrückt.

Lilli Trosien, die die Straßenmusikerin Feste spielt, öffnet einem im wahrsten Sinne des Wortes das Herz, wenn sie, auf einem Halbmond sitzend, mit ihrer ausdrucksstarken Stimme „Hörst du mein Herz?“ singt. Viktoria Reese ist als Olivia ist mit ihrer charismatischen Ausstrahlung die Eleganz pur und spielt berührend die emotionale Verunsicherung ihrer durcheinander geratenen Gefühle. Und Denia Gilberg, die schon in der letzten Spielzeit als Alex in „Flashdance“ eine Wucht war, gibt auch hier ihrer Viola/Cesario jenen Drive, der dem Musical eigen ist. Dass Tim Speckhardt, der „Grandseigneur“ des Ensembles, als Malvolio wieder mal ein Kabinettstückchen seiner Darstellerkunst abliefert, ist fast schon selbstverständlich: Es ist zum Brüllen komisch, wenn er sich mit seinen kreuzweise unter dem Knie gebundenen, gelben Strümpfen zum Affen macht oder aus einem Dixi-Klo (!) stürmt. Von seinen Gesangsqualitäten („Graf Malvolio“) ganz zu schweigen.

Ein zweites, eingespieltes Quartett sorgt für den professionellen Rahmen der semiprofessionellen Truppe, die sich auf keiner Profibühne verstecken müsste: Iris Limbarths straffe Inszenierung, ihre einfallsreiche Choreografie, Heike Korns farbenfrohe Kostüme und Britta Lammers stimmungsvolles Bühnenbild, das auch mit charmanten Anleihen bei George Gershwins „Crazy for You“ und Michel Legrands „Die Regenschirme von Cherbourg“ aufwartet. Und nicht zu vergessen: Frank Bangerts neunköpfige Live-Band, die die ins Ohr gehenden Melodien in saftigem Sound erklingen lässt.


Musikalische Leitung: Frank Bangert • Regie und Choreografie: Iris Limbarth • Bühne: Britta Lammers • Kostüme: Heike Korn • Musikalische Einstudierung: Ulrich Bareiss • Mit: Denia Gilberg (Viola), Viktoria Reese (Olivia), Lilli Trosien (Feste), Luna Lange (Maria), Maximilian Schneider (Orsino), Tim Speckhardt (Malvolio), Cecinho Feiertag (Sir Toby), Angelina Krauß (Sir Andrew), Jan Rieß (Antonio), Jan Volpert (Sebastian), Sarah Zimmermann (Fabian u.a.) u.a.

Aufmacherfoto: Peter Emig

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