12. Adam Garcia Sidonie Smith. Credit Paul Coltas cut | MUSICAL TODAY

The Bodyguard – The Musical

Zwischen Glamour und Hochspannung

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ATG Entertainment (Theater 11 Zürich)
von
Musik aus dem Film „The Bodyguard“ (1992)
Chris Egan (Zusätzliche Musik)
Alexander Dinelaris (Buch)
Regie
Thea Sharrock
Uraufführung
2012

„The Bodyguard“ überzeugt als stimmgewaltige Produktion

Einen Kultfilm wie „Bodyguard“ mit einer der ikonischsten Stimmen der Musikgeschichte auf die Musicalbühne zu bringen, klingt nach einer Herausforderung. Das Produktionsteam meistert dies gemeinsam mit einer tollen Cast in der aktuellen Tourneeproduktion mit Bravour. Regisseurin Thea Sharrock beweist ein feines Gespür für den cineastischen Kern der Vorlage.

Der Abend beginnt mit einem Schockmoment: Ein ohrenbetäubender Schuss lässt das Publikum zusammenfahren, bevor die Lichter gedimmt werden. Ein gelungener Auftakt, der das Spannungsniveau definiert. Die Inszenierung arbeitet mit wechselnden Tempi, starkem Lichtdesign und präzise gesetzten Spezialeffekten. Szenenvorhänge dienen nicht nur dem Umbau, sie werden selbst zu visuellen Highlights. Slow-Motion-Sequenzen intensivieren die Spannung als dramaturgisches Stilmittel. Es entsteht ein ständiger Wechsel zwischen Handlung und Konzertästhetik, der die Zuschauenden in Atem hält.

Zweifellos die schwierigste Aufgabe hat Sidonie Smith, die als Rachel in die legendären Fußstapfen von Whitney Houston tritt. Ihre Bühnenpräsenz ist imposant, ihre Stimmgewalt nähert sich in manchen Momenten dem Original. In den großen Showszenen stemmt sie das enorme stimmliche Pensum souverän, in den erzählerischen Passagen ist sie sehr ausdrucksstark und macht die Songs zu ihren eigenen. Gerade diese persönliche Färbung verleiht ihrem Spiel das gewisse Etwas. In der Rolle ihrer Schwester Nicki steht ihr Emily Jenda in nichts nach. Ihre Stimme ist in den tiefen Lagen warm und unheimlich emotional. Das Duett der beiden wird zu einem der großen Highlights des Abends.

Adam Garcia gibt einen glaubwürdigen, nuancierten Bodyguard Frank Farmer. Sein Spiel ist ruhig und geerdet, mit wunderschöner Sprechstimme. Er ist präsent, ohne sich aufzudrängen, und bildet damit einen Gegenpol zur glitzernden Rachel-Welt. In der Rolle des jungen Fletcher, Rachels Sohn, überzeugt in der Vorpremiere der zehnjährige Rio Chigwedere mit Leichtigkeit und berührender Unbeschwertheit. Er bringt spielerische und gesangliche Frische in die Handlung. Ein weiteres Highlight des Abends ist James-Lee Harris in der Rolle des Stalkers. Er strahlt enorme Präsenz aus und taucht zu Beginn während Szenenwechseln live und gleichzeitig als Projektion auf. Seine Körpersprache – langsam, kraftvoll, bedrohlich – wirkt wunderbar verstörend. 

Tim Hatley verantwortet Bühnenbild und Kostüme und arbeitet mit klarer visueller Sprache. Die Bühne wird in den Konzertsequenzen bis auf den letzten Zentimeter genutzt, kubische Lichtelemente schaffen zusätzlich visuelle Tiefe. In den privaten Momenten in Rachels Zuhause dominieren im Kontrast dazu weiche Vorhänge den Raum, die teilweise nur den relevanten Bühnenbereich freigeben und das Auge perfekt lenken. Auch Hatleys Kostüme treffen ins Schwarze, sie wirken authentisch, abwechslungsreich, glaubhaft – sowohl in Alltags- als auch in den Showszenen. Besonders gelungen sind die rasanten Kostümwechsel auf offener Bühne. Einziger Wermutstropfen: Die Perücken der Hauptdarstellerinnen stören die ansonsten überaus stimmige Wirkung.

Bei den mitreißenden Choreografien von Karen Bruce liefert das Ensemble tänzerisch und akrobatisch ab. Besonders in den Konzertszenen entsteht eine mitreißende Show. Die Musik kommt zwar vom Band, doch das mindert die Qualität nicht. Das Wummern der Bässe ist in spannungsgeladenen Momenten körperlich spürbar und intensiviert die emotionale Wirkung. Der Soundteppich trägt die Inszenierung passgenau und verstärkt ihre cineastische Wirkung.

Diese Tourneeproduktion erweist sich als starke und stimmlich beeindruckende Interpretation einer ikonischen Filmvorlage. Sie hält die Balance zwischen Glamour und Thriller, zwischen schillernder Pop-Show und emotionalem Kammerspiel. Das Ensemble überzeugt in seiner Gesamtheit mit zwei herausragenden Hauptdarstellerinnen. Ein Musicalabend mit Hochspannung, großen Stimmen und viel Emotion in einer raffinierten Inszenierung, die garantiert niemanden kalt lässt. 


Music Supervision: Richard Beadle • Musikalische Leitung: Charlie Ingles • Regie: Thea Sharrock • Choreografie: Karen Bruce • Ausstattung: Tim Hatley • Licht: Mark Henderson • Videodesign: Duncan McLean • Sounddesign: Richard Brooker • Mit: Sidonie Smith (Rachel Marron), Adam Garcia (Frank Farmer), Emily Jenda (Nicki Marron), Matt Milburn (Sy Spector), John Macaulay (Bill Devaney), Jonathan Alden (Tony Sibelli), James-Lee Harris (The Stalker), Ryan Bennett (Ray Court), Rio Chigwedere (Fletcher) u.a.

Aufmacherfoto: Paul Coltas

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