
„A Wonderful World“ spürt dem Ausnahmemusiker Louis Armstrong nach
Unter den vielen Jazzmusikern, die sich echte Berühmtheit erworben haben, sticht Louis Armstrong ganz besonders hervor. Sein geschliffenes Trompetenspiel, seine raue Gesangsstimme und sein ausgeprägter Sinn für Humor machten ihn schnell zu einer Ikone, deren Ruhm weit über andere hinausging. Im Laufe seiner langen Karriere machte er eine ganze Reihe von Melodien zu Pop-Hits, was im Jazz eine Seltenheit ist, insbesondere Titel wie „Basin Street Blues“, „Black and Blue“, „St. James Infirmary“, „You Rascal You“, „Tiger Rag“, „Kiss of Fire“, „When You’re Smiling“, „When the Saints Go Marching In“ oder „Avalon“. Und natürlich „Hello, Dolly!“ und „What a Wonderful World“, wobei letztgenannter Song zum Titel des neuen Broadway-Musicals wird, das Louis Armstrong feiert. Arrangiert und orchestriert wurde die ausgiebige Liste von 30 Musiknummern, die zur Illustration der Handlung dienen, von Branford Marsalis.
Jeder Darsteller, der die Jazzgröße auf der Bühne oder Leinwand verkörpert, sollte eigentlich ein großes Problem haben. James Monroe Iglehart aber, der bereits als Dschinni in Disneys „Aladdin“ und kürzlich als König Artus in der Neuauflage von „Monty Python’s Spamalot“ nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat, dominiert den Abend mit einer Tony-Award-würdigen Darbietung, absolut überzeugend sowohl als Schauspieler, Sänger wie Trompeter.
Die von Christopher Renshaw und Andrew Delaplaine konzipierte Show mit einem Buch von Aurin Squire folgt sehr präzise den verschiedenen Episoden im Leben Armstrongs: von seinem Debüt in den späten 1910er Jahren in New Orleans, wo er 1901 geboren wurde, über seine Zeit in der Creole Jazz Band seines Mentors King Oliver im Chicago der 1920er Jahre bis zur Gründung seiner eigenen Musikgruppe. Dann geht es in den Dreißigern nach Hollywood, mit vielen Filmauftritten wie in „Artists and Models“, „Every Day’s a Holiday“, „Birth of the Blues“ und „Cabin in the Sky“, bevor Armstrong schließlich sehr lange in New York lebt, das ab den 1950ern bis zu seinem Tod 1971 zu seiner Basis wird. Nebenbei beleuchtet die Show auch Momente aus dem Privatleben, seine zahlreichen Beziehungen und vier Ehen.
Mit seinem großen Ensemble ist dieser Abend ein wunderbares Beispiel für ein gelungenes Jukebox-Musical. Er betrachtet den porträtierten Musiker größtenteils aufrichtig, genau wie die verschiedenen Personen, die eine Rolle in seinem Leben spielten und ihm zu Ruhm verhalfen. Als Armstrong Ehefrauen liefern Dionne Figgins (Daisy Parker), Jennie Harney-Fleming (Lil Hardin), Kim Exum (Alpha Smith) und Darlesia Cearcy (Lucille Wilson) solide stimmliche und schauspielerische Leistungen, auch wenn alle vier einen Gesangs- und Harmoniestil pflegen, der sehr viel zeitgenössischer klingt als der weniger ausgezierte, realistischere Stil, der von den Sängerinnen der damaligen Epoche praktiziert wurde.
Darsteller wie Gavin Gregory (King Oliver), Renell Taylor (Banjo Ben) und Jason Thomas Forbach (Crooner) ragen in ihren jeweiligen Szenen heraus, ebenso wie Brandon Louis Armstrong, Wesley J. Barnes, Ronnie S. Bowman, Jr. und Brett Sturgis als Armstrongs Begleitmusiker. Besondere Erwähnung verdienen auch die vielen aufregenden Tänzerinnen und Tänzer in den schönen Kostümen von Toni-Leslie James, die in der straffen Choreografie von Rickey Tripp mehrere Steppnummern zeigen.
Christopher Renshaw setzt das gesamte Ensemble mit viel Gespür in Szene, die monochromen Kulissen von Adam Koch und Steven Royal werden gelegentlich von Cory Pattak erhellt – sie alle sind kompetente Theaterpraktiker. Insgesamt ist „A Wonderful World“ eine fast magische Theaterproduktion, durchweht von einem vertrauten Gefühl aus der Zeit, als Musicals noch üppig und wunderbar unterhaltsam waren.
(Übersetzung: Angela Reinhardt)Musikalische Leitung: Darryl G. Ivey • Choreografie und Musical Staging: Rickey Tripp • Stepptanz-Choreografie: Dewitt Fleming, Jr. • Bühne und Videodesign: Adam Koch und Stephen Royal • Kostüme: Toni-Leslie James • Licht: Cory Pattak • Sounddesign: Kai Harada • Mit: James Monroe Iglehart (Louis Armstrong), Darlesia Cearcy (Lucille Wilson), Kim Exum (Alpha Smith), Dionne Figgins (Daisy Parker), Jennie Harney-Fleming (Lil Hardin), Dewitt Fleming Jr. (Lincoln Perry), Jason Forbach (Crooner u.a.), Gavin Gregory (King Joe Oliver), Jimmy Smagula (Joe Glaser) u.a.
Aufmacherfoto: Jeremy Daniel