Getanzte Konfrontationen für „The Outsiders“
Bei seinem Erscheinen 1967 löste das Buch „The Outsiders“ von Susan E. Hinton, die damals fast noch ein Teenager war, eine Kontroverse aus. Die Darstellung zweier Jugendbanden, der Greaser und der Socs, erinnerte zwar durchaus an die Sharks und die Jets aus dem sechs Jahre zuvor erschienenen Kultfilm „West Side Story“, spiegelte aber auch die Veränderungen wider, die sich zu jener Zeit in der modernen Gesellschaft und insbesondere bei den jüngeren Generationen abspielten. Francis Ford Coppola verfilmte das Buch 1983, nun ist ein brillantes neues Broadway-Musical daraus entstanden, das seinen Vorlagen treu bleibt und Einblick in die Probleme gibt, die Jugendliche bis heute beschäftigen.
Der junge Ponyboy Curtis lebt, nachdem seine Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen sind, mit seinen beiden älteren Brüdern Darrel und Sodapop zusammen. Er versucht, sich aus dem negativen Umfeld zu befreien, in das er geraten ist – die Greaser sind eine Gruppe von Jugendlichen aus der unteren Arbeiterschicht in seinem Alter, denen die rivalisierende Gang der Socs (für „Socials“) gegenübersteht: Jugendliche aus der oberen Mittelschicht. Ponyboy freundet sich etwas unbeholfen mit Cherry an, der Freundin von Bob, Anführer der Socs; darüber kommt es zu einer Schlägerei, in deren Verlauf Ponyboys enger Freund Johnny, ein Mitglied seiner Gang, Bob tötet.
Um ihren Rivalen und der herbeigerufenen Polizei zu entkommen, suchen Ponyboy und der Greaser Two-Bit Zuflucht in einer Kirche, die plötzlich in Brand gerät. Die beiden jungen Männer retten die Kinder, die in dem Gebäude gefangen sind, aber Johnny, der sich ihnen dabei anschließt, wird von einem herabfallenden Balken getroffen und stirbt. Der verzweifelte Ponyboy wird sich des Schutzes bewusst, den ihm seine Brüder trotz aller Probleme bieten. Er möchte die Schule fortsetzen und sein Leben selbst verbessern, auch weil Cherry ihn dazu ermutigt. Er wird als Held gefeiert und wegen des „zufälligen“ Todes von Bob entlastet. Das von den Autoren Adam Rapp und Justin Levine adaptierte Musical endet folglich nach vielen düsteren und hellen Momenten auf einer positiven Note, wenn auch Cherry und Ponyboy nicht zusammenbleiben, da sie ihn in gewisser Weise für Bobs Tod verantwortlich macht. Um seine Botschaft zu vermitteln, kann sich das Stück auf eine explosive Mischung von Rockmelodien und atemberaubenden Musicalsongs verlassen, die vom Folkduo Jamestown Revival (Jonathan Clay und Zach Chance) sowie von Justin Levine komponiert wurden. Sie fesseln das Publikum bis zum Schlussvorhang.
Ein großer Teil der optischen Faszination beruht auf Spezialeffekten, die zumindest am Broadway ganz außergewöhnlich sind: ein Sturm etwa, der die Bühne und die Darsteller durchnässt, oder ein realistisches Feuer aus echten Flammen und Rauch, das eine Kirche zerstört. Effekte wie diese lassen die Inszenierung absolut glaubhaft wirken. Man kann dem Kollektiv AMP und Tatiana Kahvegian, die für das Bühnenbild verantwortlich zeichnen, sowie Jeremy Chernick und Lillis Meeh, zuständig für die Spezialeffekte, zum Ergebnis nur gratulieren. Bemerkenswert sind auch die von den Brüdern Rick und Jeff Kuperman choreografierten Tanzszenen, die sich verschiedener Quellen bedienen (u. a. bei Jerome Robbins’ „West Side Story“ und modernen Rockvideos). Damit versetzen sie die beiden Gangs in Bewegung und entwerfen getanzte Konfrontationen – eine weitere Attraktion der Produktion.
Das Beste aber ist die Besetzung, angeführt von Brody Grant als Ponyboy, Sky Lakota-Lynch als Johnny und Daryl Tofa als Two-Bit, einem weiteren der Außenseiter, von Emma Pittman als Cherry, Kevin William Paul als Bob sowie Brent Corner und Jason Schmidt als Ponyboys älteren Brüdern. Mit ihrer klugen Regie verbindet Danya Taymor all diese verschiedenen Elemente zu einem stimmigen Ganzen und macht aus „The Outsiders“ einen erfrischenden und innovativen Neuzugang am Broadway.
(Übersetzung: Angela Reinhardt)
Musikalische Leitung: Matt Hinkley und Mark G. Meadows • Choreografie: Rick und Jeff Kuperman, Kristen Carcone und Tilly Evans-Krueger • Bühne: AMP und Tatiana Kahvegian • Kostüme: Sarafina Bush • Licht: Brian MacDevitt • Sounddesign: Cody Spencer • Projektionen: Hana Kim • Special Effects: Jeremy Chernick und Lillis Meeh • Mit: Brody Grant (Ponyboy Curtis), Sky Lakota-Lynch (Johnny Cade), Joshua Boone (Dallas Winston), Brent Comer (Darrel Curtis), Jason Schmidt (Sodapop Curtis), Emma Pittman (Cherry Valance), Daryl Tofa (Two-Bit Mathews), Kevin William Paul (Bob Sheldon), Dan Berry (Paul Holden) u.a.
Aufmacherfoto: Matthew Miller