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ubs Reise um die Erde in 80 Tagen AP vorn v.l.n.r. Alexandra Magdalena Heinrich Fabian Ranglack Foto Udo Krause | MUSICAL TODAY

Reise um die Erde in 80 Tagen

Gen Wilden Westen Richtung Osten

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Ort
Uckermärkische Bühnen Schwedt
VON
Tom van Hasselt (Musik und Liedtexte)
Tilo Esche (Buch)
Direction
Tilo Esche
World premiere
2025

Jules Vernes „Reise um die Erde in 80 Tagen“ als Open-Air-Musical

Goethe brauchte für seine beschwerliche Tour nach Italien per Kutsche etliche Wochen, heute wäre eine komplette Weltumrundung mit dem Flugzeug in nur zwei Tagen möglich. Im 19. Jahrhundert genügte die bloße Behauptung, es in knapp drei Monaten zu schaffen, um eine veritable Wette auszulösen und die Gazetten auf Trab zu halten. So geschehen 1872 in London, literarisch aufgearbeitet von Jules Verne. Sein Bestseller „Reise um die Welt in 80 Tagen“, ein klassischer Abenteuerroman, erlebte diverse Bearbeitungen und gelangt nun als Open-Air-Produktion der Uckermärkischen Bühnen Schwedt auf der Odertal-Freilichtbühne in musicalisierter Form zu neuen Ehren. Tilo Esche erstellte aus der Vorlage eine passgenaue Fassung, Tom van Hasselt liefert locker-flockige Musik und Liedtexte mit jeweiligem Lokalkolorit.

Der Plot schüttet eine wahre Fundgrube waghalsiger Episoden und skurriler Ingredienzen aus. Tilo Esche fischt darin mit Vergnügen und fügt die besten Augenblicke in seine Version. Tom van Hasselt greift ebenfalls genüsslich in die bunte Kiste von Jules Verne und hübscht das Stück mit pointiert geschliffenen Texten und eingängigen Songs auf, von der „Feinen englischen Art“ über „Willkommen in Bombay“, „Geld“, oder dem Banjo-Lied „Wir durchqueren den Wilden Westen“. Das Ganze wurde als Konserve eingespielt und vom Komponisten geleitet. Ein gefundenes Fressen für das Kreativteam, das geschickt komödiantischen Drive einstreut, Dialoge wie am Schnürchen laufen lässt und sich kaum mal zu lange in einer Situation festbeißt. Dennoch hätten ein paar Striche, vor allem im zweiten Teil, die Handlung noch geschmeidiger gestaltet.

Phileas Fogg, ein blasierter, blutleerer Brite, geht die Wette in seinem Club ein und startet die Weltumrundung eher aus Eitelkeit denn aus wirklichem Interesse. Unterstützt von seinem französischen Butler Jean Passepartout geht es im Zickzack immer gen Wilden Westen Richtung Osten, konkret nach Brindisi und Suez, Bombay und Kalkutta, Singapur und Hongkong, von Yokohama via San Francisco nach New York. Wenig überraschend kommen die beiden nach diversen Verwicklungen pünktlich auf die Sekunde wieder in London an. Im Gepäck haben sie die indische Prinzessin Aouda, die Jean vor der Witwenverbrennung rettete, und manche Geschichte, die sie fortan zum Besten geben können. Außerdem mutiert Fogg plötzlich zum leidenschaftlichen Liebhaber. Entsprechend endet die Reise mit einer Doppelhochzeit: Jean heiratet die kecke Jacki, Fogg natürlich Aouda.

Eine Pracht sind die authentischen Kostüme von Jenny Schall. Sie sorgen für das stets angemessene Outfit. Als Bühnenbild fungiert primär eine LED-Wand für Projektionen (Ulrike Reinhard und Enno Seilfried), die jeden Schauplatz perfekt ausleuchtet, vom Dampfer bis zur tollkühnen Eisenbahnfahrt durch die USA oder einem schaukelnden Elefantentransport durch den indischen Dschungel. Kaleidoskopartig schubst Regisseur Tilo Esche sein Ensemble von einer Szene zur nächsten, schafft eindringliche Bilder und lustige Momente. Die meisten Akteure schmeißen sich lustvoll in mehrere Rollen, darunter Piotr Knichalla als gelenkiger Akrobat und Countertenor mit herzerweichend säuselnder Arabeske, Kevin Slavicek besonders als polternder Albert und Nadja Roxana Schimonsky u.a. als tolldreiste Jacki. Fabian Ranglack besticht als borniert distinguierter Phileas Fogg, Alexandra-Magdalena Heinrich gefällt als maskuliner Inkognito-Polizist Mr. Fix, Paulina Wojtowicz als vom Kama beseelte Aouda und David Alsonso ist ein draufgängerisch frecher Jean. Choreografin Eliza Holubowska garniert die Eskapaden und Erlebnisse mit exotischem Bewegungsvokabular. Am Ende der dreistündigen Uraufführung herrscht einhellige Begeisterung.


Musikalische Leitung: Tom van Hasselt • Choreografie: Eliza Hołubowska • Bühne: Ulrike Reinhard • Kostüme: Jenny Schall • Videodesign: Enno Seilfried • Mit: Fabian Ranglack (Phileas Fogg), David Alonso (Jean Passepartout), Alexandra-Magdalena Heinrich (Mr. Fix u.a.), Paulina Wojtwowicz (Aouda u.a.), Nadja Roxana Schimonsky (Jacki u.a.), Kevin Slavicek (Albert u.a.), Uwe Heinrich (Walter Ralph u.a.), Uwe Schmiedel (Andrew Stuart u.a.), Piotr Knichalla (Englischer Polizist u.a.), Antonia Schwingel (Sängerin u.a.), Daniel Richard Bogacki (Thomas Flanagan u.a.), Kinga Stańko (Blumenhändlerin u.a.), Marta Schmidt (Bäckerjunge u.a.) • Musik vom Band

Aufmacherfoto: Udo Krause

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