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Sweeney Todd

Schwarzromantischer Grusel

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Venue
Theater Krefeld und Mönchengladbach
by
Stephen Sondheim (Musik und Gesangstexte)
Hugh Wheeler (Buch)
Direction
Roland Hüve
World premiere
1979

Eine schaurig-schöne Kulisse für Sondheims „Sweeney Todd“

Am Anfang der Erzählungen um den Serienmörder Sweeney Todd stand ein Groschenroman aus dem Jahre 1846. Schon bald folgten Theater-Adaptionen und Romane, die die Geschichte aufgriffen. 1926 entdeckte der Film den makabren Stoff, 1979 feierte dann das Musical „Sweeney Todd“ seine Premiere. Stephen Sondheim bezeichnete es selbst als „tiefschwarze Operette“, zu der er sich musikalische Inspiration bei Horrorfilm-Komponisten wie Bernard Herrmann (u.a. „Psycho“) holte.

Lena Brexendorff hat auf der Drehbühne des Mönchengladbacher Theaters die schaurig-schöne Kulisse einer entkernten Burgruine errichtet. Schmutzig und in rotes Licht getaucht korrespondiert das morbide Setting mit der blutigen Story – aber auch mit den überwiegend in rötlichen Tönen gehaltenen Lumpen-Kostümen (ebenfalls Brexendorff) des Opernchors, der wie eine Mischung aus Trollen und Zombies durch die Szenerie wuselt.

Von Roland Hüve ganz in der Tradition des Grand-Guignol-Theaters inszeniert, spielt das im 19. Jahrhundert in London angesiedelte Schauermärchen sein blutiges Sujet genüsslich aus: Der völlig unschuldige Barbier Benjamin Barker (Johannes Schwärsky) wird von dem skrupellosen Richter Turpin (überzeugend hinterfotzig: Matthias Wippich) zu lebenslanger Verbannung verurteilt. Danach vergewaltigt Turpin Barkers Frau Lucy (Susanne Seefing) und nimmt nach ihrem vermeintlichen Selbstmord ihre Tochter Johanna zu sich. Jahre später kehrt Barker als Sweeney Todd zurück, um sich zu rächen. Die in seinem Haus lebende Bäckerin Mrs. Lovett (Gabriela Kuhn) überlässt ihm seinen alten Friseursalon. Doch sein Rachefeldzug läuft aus dem Ruder – immer mehr Menschen fallen seinem Rasiermesser zum Opfer. Mrs. Lovett wird nicht nur zur Mitwisserin, sondern profitiert auch von seinen Taten: Sie verarbeitet die Leichen zu Pasteten, die sich schnell zu einem kulinarischen Geheimtipp entwickeln. Nach dieser grotesken Wendung bekommt die Geschichte einen romantischen Touch: Sweeneys junger Freund Anthony (mit sympathischer Leichtigkeit: James Park) lernt Johanna (Antonia Busse) kennen und will mit ihr fliehen, ehe ihr Ziehvater sie zur Frau nimmt. Jetzt überschlagen sich die Ereignisse – aber nur für Anthony und Johanna gibt es ein Happy End …

Großangelegte Tanznummern sucht man vergebens. Sondheims vielschichtige, zwischen Oper und Musical angesiedelte, durchkomponierte Partitur mit ihren zwei Dutzend Arien und Songs sowie orchestralen Zwischenmusiken wie dem der katholischen Totenmesse entlehnten „Dies Irae“ setzt auf die intime Atmosphäre eines musikalischen Kammerspiels. Das stellt natürlich hohe Anforderungen an die Darsteller, von denen einerseits eine (klassische) Gesangsausbildung und andererseits schauspielerisches Talent erwartet wird. Und da stößt die Mönchengladbacher Inszenierung bisweilen an ihre Grenzen: Johannes Schwärsky in der Titelrolle sorgt zwar mit seiner Arie „Epiphany“ für Gänsehaut, reizt aber das tragisch-komische Potenzial seiner Figur zu wenig aus. Wenig Charisma strahlt auch Antonia Busse als Johanna aus, so sehr sie sich auch mit ihrem Koloratursopran bemüht, „sichtbar“ zu sein. Das allerdings schafft die Grand Dame des Theaters, Gabriela Kuhn, mit jedem ihrer Auftritte wie aus dem Handgelenk – obwohl man manchmal den Eindruck hat, dass Roland Hüves umsichtige Schauspielführung sie etwas bremsen musste, damit sie ihre Kollegen nicht an Wand spielt. „Gas geben“ wäre dagegen die notwendige Regieanweisung bei Susanne Seefing gewesen, die ihrer zur Bettlerin verkommenen Lucy so gar keine Kontur verleiht und gesanglich meist textunverständlich bleibt. Mit diesem Manko hat auch der Chor zu kämpfen; man kann nicht genau sagen, ob ihnen da nicht die Tontechnik einen Strich durch die Stimme macht. Aber das sind nur einige Wermutstropfen in einer ansonsten rundum gelungenen Inszenierung, die Dirigent Sebastian Engels und seine Niederrheinischen Sinfoniker mit Verve veredeln.


Musikalische Leitung: Sebastian Engel • Ausstattung: Lena Brexendorff • Chor: Michael Preiser • Mit: Johannes Schwärsky (Sweeney Todd), James Park (Anthony Hope), Susanne Seefing (Bettlerin), Gabriela Kuhn (Mrs. Lovett), Matthias Wippich (Richter Turpin), Antonia Busse (Johanna Barker), Markus Heinrich (Büttel Bamford), Arthur Meunier (Adolfo Pirelli/Mr. Fogg), Pascal Schürken (Tobias Ragg) • Opernchor des Theaters Krefeld und Mönchengladbach • Niederrheinische Sinfoniker

Aufmacherfoto: Matthias Stutte/Theater Krefeld und Mönchengladbach

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