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2Y9A2314 | MUSICAL TODAY

Freischütz – Seele für Seele

Gefallene Engel

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Festspielhaus Neuschwanstein (Füssen)
von
Frank Nimsgern (Musik)
Birgit Simmler (Buch und Gesangstexte)
Regie
Birgit Simmler und Tim Zimmermann
Uraufführung
2025

Frank Nimsgerns „dritter Streich“ wird zum bunt-poppigen Sängerspektakel

Wer sich von diesem Abend größere Parallelen mit der gleichnamigen romantischen Oper von Carl Maria von Weber erhofft hat, wird enttäuscht sein. Nach dem „Ring des Nibelungen“ und der „Zauberflöte“ ist das dritte Musical von Frank Nimsgern auf Basis eines berühmten Opernstoffes vergleichsweise am weitesten vom Original entfernt.

Was inhaltlich bleibt, ist der Mythos rund um magische Freikugeln, die Engel Samiel – genannt Sam – vom Teufel erhält. Librettistin Birgit Simmler, die auch Regie führt, verlegt ihre Geschichte um Mord, Verführung, Liebe und den berühmten teuflischen Pakt auf einen Jahrmarkt in den 1930ern. Dort hat ein Kommissar mysteriöse Morde im Zusammenhang mit der Zaubershow „Seele für Seele“ und ihren magischen Kugeln aufzuklären. Ein junges Paar, Karin und Adam, Inhaber einer Achterbahn, gerät in den Sog dieser Ermittlungen – und immer stärker in den Strudel von Eifersucht, Betrug und der übernatürlichen Kräfte der Magier Sam, Maëstra und Lilly.

Musikalisch setzt Komponist Nimsgern auch in seiner dritten Opernadaption – diesmal eine Kooperation zwischen dem Festspielhaus Neuschwanstein und den Luisenburg-Festspielen Wunsiedel – insgesamt auf rockig-symphonischen, gitarren-lastigen Sound. Einige der 15 Musiknummern, die zur Premiere auch als Soundtrack erschienen sind, haben Ohrwurmcharakter, der Mix zwischen gefühlvollen Balladen und fetzigen Rocknummern gelingt. Trotzdem mag sich ein musikalischer Spannungsbogen im Sinne eines Musiktheater-Gesamtwerks nicht so recht einstellen.

Was bleibt, ist in musikalischer Hinsicht eine – starke! – Nummernrevue. Die Songtexte von Birgit Simmler sind einprägsam, sie „inszenieren“ gekonnt Nimsgerns Lieder und fungieren oft als emotionale Showstopper der Handlung. Leider ist Simmlers Libretto nicht ganz so klar strukturiert, manchmal „verfransen“ sich einzelne Handlungsstränge oder gehen im Gesamtgemenge der vielschichtigen Story unter. Einige Stellen – besonders im ersten Akt – haben darüber hinaus ein paar Dialog-Längen.

Aber das ist alles halb so schlimm, wenn man so eine Cast hat! Allen voran der mexikanische Rock-Tenor Dante Sáenz als „gefallener Engel“ Sam, der stimmlich und mit einer unglaublichen körperlichen Power die große Füssener Bühne vollkommen einnimmt. Dazu kommen Anna-Sophie Weidinger in ihrer rundum überzeugenden Interpretation der naiv-mutigen Karin, deren Verlobter Abel (mit Manuel Karadeniz’ schöner lyrischer Stimme wunderbar kontrastierend besetzt), Anja Backus als rockig-verruchter Powersopran Lilly mit großer Bühnenpräsenz und AMY in der Rolle der schrillen, stimmgewaltigen Maëstra im Glitzergewand einer Domina. Die versteht sogar Karins Mutter, die vergleichsweise biedere Achterbahnbesitzerin Eva (Femke Soetenga), zu verführen.

Kommissar Adam in rollenkonform solider Erscheinung und Interpretation von Mischa Mang steht zunächst als das „bürgerliche Element“ inmitten der dunklen Machenschaften. Aber auch seine Figur folgt dem Credo der Geschichte, dass „Liebe immer gewinnt“ – und entpuppt sich als Karins Vater. Ein (weiterer?) Hinweis, dass die Kluft zwischen Gut und Böse gar nicht so groß ist, wie es oft scheint?

Ebenfalls sehr gelungen ist José Lunas effektvolle Ausstattung, die auch die fantasievolle Choreografie von Stefanie Gröning nahtlos integriert und die Ausnahme-Cast dieser Produktion gekonnt und kitschfrei in der poppig-bunten Jahrmarktswelt des letzten Jahrhunderts verortet.


Musikalische Leitung: Tomáš Küfhaber • Musical Staging: Tim Zimmermann • Choreografie: Stefanie Gröning und Selina Kohl • Ausstattung: José Luna • Lichtdesign: Andreas Hönig • Videodesign: Timo Nachbar • Mit: Anna-Sophie Weidinger (Karin), Dante Sáenz (Sam), Manuel Karadeniz (Abel), Mischa Mang (Adam), Femke Soetenga (Eva), Anja Backus (Lilly), AMY (Maëstra) u.a.

Aufmacherfoto: Michael Böhmländer

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