
Ein ratloser Mann „Im Kreis der Exen“
Dennis wird verlassen und die selbstbewusste Nina im Business-Hosenanzug will darüber auch gar nicht mit sich reden lassen. Vielmehr will sie sich eine Auszeit gönnen und in einem Frauenkreis reden. Für den leidenden Dennis bricht nicht nur eine Welt zusammen, er versteht Nina auch einfach nicht. Über was will sie mit anderen Frauen reden? Wie kann man ihn ohne neuen Lover verlassen? Währenddessen spricht ihm seine vorherige Ex Julia auf Band, die nach mehreren Monaten immer noch unter der Trennung leidet und eine neue Chance will. Als Dennis seiner Nina in den Frauenkreis folgt, ahnt er nicht, welch esoterische Selbsterfahrungs-Übungen ihn dort erwarten und dass er gleich beide „Exen“ treffen wird. Damit er von Kursleiterin Serafina überhaupt hineingelassen wird, braucht er einen Rollenwechsel: Perücke, Schminke und ausgestopfter BH machen ihn zur Frau. Was folgt, ist der zu erwartende Galopp durch Männer-Frauen-Beziehungsklischees und natürlich ein humorvoller Einblick in die esoterische Selbstfindungsszene. Oder eben in das, was man(n) sich so darunter vorstellt.
Das sehenswerte Bühnenbild von Oliver Doerr bietet Bambus-Tapete und bespannte Holzraster. Wunderbar, wie Nebel aus einem kleinen Mülleimer mit Klappdeckel quillt, in dessen Dunst dann die Seminarteilnehmerinnen ihre Vergangenheit entsorgen. Geschickt werden aus Sitzkisten Pulte bei einer Gerichtsverhandlung. Es sind immer wieder liebevolle Kleinigkeiten in Bühnenbild und Inszenierung, die zeigen, mit welcher Leidenschaft man mit wenigen Mitteln Theater macht. Fabian Joel Walter hat nicht nur das Buch mit gutem Wortwitz geschrieben, sondern führt auch Regie. Er greift die Tradition des „tic“ auf, wo oft Boulevardkomödien gezeigt werden, die von bekannten Songs unterbrochen werden („Man’s World“, „It’s Raining Men“, „Männer“ etc.). Der Wiedererkennungs- und Mitsingeffekt kommt gut an. An einigen Stellen geht die Handlung etwas schnell voran, so hätte man durchaus gerne die Verwandlung von Dennis zur Frau erlebt. Das Happy End kommt nach einer sehr langen weiblichen „Gerichtsverhandlung“ dann doch sehr rasch.
Jessica Krüger überzeugt als Nina durch Kühle und leichte Arroganz, sie gibt die passenden Kommentare zur naiven Julia, die Annabelle Nebe grandios verkörpert. Aus „Star Wars“-Figur Han Solo wird bei ihr schon mal der „Hans“. Es macht Laune, wie sie mit erfrischendem Blick durchs Beziehungsleben tänzelt. Angelina Saloniemi komplettiert die Frauenrunde durch die wienernde Seminarleiterin. Bleibt noch Dennis, aus dem „Dennise“ wird. Samuel Meister nimmt man sein Verlassensein ab und hat gleichzeitig Mitleid, wie ihn die drei Frauen zur Projektionsfläche eigener Enttäuschung machen. Alle vier spielen und singen mit wunderbarer Stimme und schauspielerischem Engagement.
Die musikalische Einstudierung durch Leonie Scharfe macht aus den vier Solistinnen und Solisten manchmal einen mehrstimmigen Chor und dann wieder starke Einzeldarsteller. Das wird auch durch Annika Hoffmanns Choreografie unterstützt, ebenso durch die Kostüme von Michaela Kirschberger, die sich besonders beim esoterischen Gewand der Kursleiterin farbenfroh austoben kann und drei ganz unterschiedliche Frauentypen sichtbar werden lässt.
Punktabzüge gibt es für die nicht immer überzeugenden Halbplaybacks, die sehr an Alleinunterhalter erinnern. Das Publikum fühlt sich bestens unterhalten, spendet Szenenapplaus und steht bei den Zugaben. Gut, dass es diese Theaterfarbe in Nordhessen gibt.
Musikalische Einstudierung: Leonie Scharfe • Choreografie: Annika Hoffmann • Bühne: Oliver Doerr • Kostüme: Michaela Kirschberger • Mit: Jessica Krüger (Nina), Samuel Meister (Dennis), Annabelle Nebe (Julia), Angelina Saloniemi (Serafina)
Aufmacherfoto: Stephan Drewianka