Die halbszenische Schönbrunn-Fassung von „Elisabeth“ geht auf Tour
Seit 1992 begeisterte Michael Kunzes und Sylvester Levays „Elisabeth“ über zwölf Millionen Zuschauer in 14 Ländern. Erst letztes Jahr wieder bei einer Open-Air-Aufführung der Vereinigten Bühnen Wien vor Schloss Schönbrunn gefeiert, machte sich das Musical in halbszenischer Fassung zunächst nach China auf und gastiert nun auf seiner Deutschland-Tour auch in München.
Die lebensfrohe „Sisi“ kann ihr Glück nicht fassen, als ihr Kaiser Franz persönlich seine Liebe erklärt. Sie heiratet ihn kurzerhand und nimmt damit den Platz ihrer Schwester Helene ein. Drangsaliert von ihrer Schwiegermutter, der Erzherzogin, und von politischen Intrigen, werden der jungen Kaiserin von Österreich die Schattenseiten des königlichen Lebens bewusst. Dabei kommt sie immer wieder mit dem personifizierten Tod in Berührung – und so mancher Mörder behauptet, sie habe ihn geliebt …
Die 30 Darstellerinnen und Darsteller des Ensembles wurden mit besonderer Sorgfalt ausgewählt. Jeder Einzelne bringt seine Figur(en) auf überzeugende Weise zur Geltung. Die Choreografien werden geschickt um das auf der Bühne präsente Orchester gesetzt, sodass nichts deplatziert wirkt.
Im Zentrum der Inszenierung steht ein weißer Rahmen, der sowohl als Tür wie auch als Bilderrahmen fungiert. Durch die geschickte Platzierung von Treppen, seitlich als auch mittig angeordnet, werden verschiedene Ebenen geschaffen. Inmitten dieser Konstellation tritt das Orchester samt Dirigent Bernd Steixner in voller Sicht in Erscheinung. Für das richtige Ambiente sorgen Videoprojektionen im Hintergrund, abgerundet durch farblich abgestimmte Lichteffekte. Trotz dieser halbszenischen Lösung entsteht zu keiner Zeit der Eindruck einer gekürzten Fassung. Regisseur Gil Mehmert sorgt für ein harmonisches Zusammenspiel aller Elemente und macht die Aufführung zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk.
Als Luigi Lucheni erzählt Riccardo Greco die Lebens- und Leidensgeschichte Elisabeths aus seiner eigenen Sicht und rechtfertigt damit seinen Mord an ihr. Mit dem Lied „Kitsch“ animiert er das Publikum, sich dem Trubel anzuschließen, und zeigt mit erfrischenden rockigen Gesangskomponenten das Wirken der von ihrem Aussehen besessenen Kaiserin auf. Nie war der Name „Prinz der Nacht“ treffender, den Elisabeth dem Tod, gespielt von Lukas Mayer, bei ihrer ersten Begegnung gibt. Als übermenschlich wirkende Erscheinung brilliert der im Vergleich zu manchen Vorgängern sichtlich jüngere Künstler und lockt geduldig, aber ruchlos seine Opfer in seine Fänge. Dabei wirkt er zu aller Zeit elegant und kontrolliert, bleibt stets Herr über das Geschehen.
Allein Bettina Mönch als Elisabeth glaubt sich seiner Macht entziehen zu können und trotzt durch ihre Schönheit allen Widrigkeiten. Die Musicaldarstellerin glänzt in ihrer Rolle als junge Elisabeth und bindet sogar den Dirigenten in das Stück ein, als sie ihm spielerisch den Taktstock entzieht. Mit ihrem stetigen Drang zur Selbstbestimmung erkämpft sich die Kaiserin ihr Recht gegenüber „dem einzigen Mann am Hofe“, womit die Erzherzogin gemeint ist, hier Ariane Swoboda, die mit eiserner Stimme „streng, stark, kalt und hart“ an ihren Prinzipien festhält.
Nach vielem Zurückstecken wird die Kaiserin ihres Lebens überdrüssig und entfernt sich durch Reisen immer weiter von ihrem Mann und ihrem Sohn. Dies hat zur Folge, dass Rudolf, gespielt von Dennis Hupka, sich von seiner Mutter verlassen fühlt und nach einem fulminanten Totentanz beim Duett „Die Schatten werden länger“ dem Tod selbst erliegt. Das Musical endet mit der Ermordung der gebrochenen Elisabeth, welche sich, sehnlichst erwartet, dem Tod in die Arme wirft, während sich im Hintergrund Lucheni erhängt.
Die halbszenische Fassung verleiht der Geschichte eine ebenso fesselnde Dimension wie das komplett inszenierte Musical. Ein besonderes Highlight des Münchner Premierenabends: Sylvester Levay dirigiert sein berühmtes „Ich gehör’ nur mir“ selbst und wird vom gesamten Publikum mit Standing Ovations gewürdigt. Diese lassen auch zum Schluss nicht auf sich warten.
Musikalische Leitung: Bernd Steixner • Choreografie: Simon Eichenberger • Kostüme: Yan Tax • Licht: Michael Grundner • Videodesign: Michael Balgavy • Sounddesign: Thomas Albert Strebel • Mit: Bettina Mönch (Elisabeth), Lukas Mayer (Der Tod), Riccardo Greco (Luigi Lucheni), Ariane Swoboda (Erzherzogin Sophie), Dennis Henschel (Kaiser Franz Joseph), Dennis Hupka (Erzherzog Rudolf), Janis von Dorsselaer (Herzogin Ludovika/Frau Wolff), Claus Dam (Herzog Max in Bayern), Marlon (Rudolf Junior) u.a.
Aufmacherfoto: Zheng Tianran