„Das Lächeln einer Sommernacht“ als Empfehlung für die Stars von morgen
„A Little Night Music“ oder in deutscher Übersetzung „Das Lächeln einer Sommernacht“ ist ein Musical von Stephen Sondheim und Hugh Wheeler aus dem Jahr 1973 und lief am Broadway rund eineinhalb Jahre. Es handelt vom romantischen Leben mehrerer Paare und wurde durch den gleichnamigen Ingmar-Bergman-Film aus dem Jahr 1955 inspiriert. Später kam auch die Musical-Adaption ins Kino, erwies sich dort jedoch als weniger stimmig.
Das Stück ist bereits die vierte gelungene Zusammenarbeit zwischen dem Theater Solingen und der Folkwang Universität in Essen. Das Besetzungskonzept folgt einem inzwischen bewährten Muster: Die Studierenden der Folkwang dürfen sich in einer großen Produktion präsentieren. Hinzu kommen bekannte Musicaldarstellerinnen und -darsteller, die sich seit vielen Jahren einen Namen gemacht haben. In einer Mittsommernacht im Schweden der Wende zum 20. Jahrhundert wird von der lebenserfahrenen Madame Armfeldt ein amouröser Reigen in Gang gesetzt. Die Sonne will nicht untergehen und niemand kann eine ruhige Nacht verbringen. Paare trennen sich, finden sich neu und entdecken ihre Liebe zueinander. Der ¾-Takt, der sich durchgehend in verschiedenen Variationen durch die Musik zieht, tut das Seinige. Dreimal lächelt die Sommernacht: einmal für die Jungen, die noch gar nichts wissen, ein zweites Mal für die Narren, die zu wenig wissen, und ein drittes Mal für die Alten, die zu viel wissen.
Neben überraschend witzigen Dialogen und einem hohen Tempo zieht sich eine gewisse Melancholie durch das Stück, denn am Ende ist das Leben doch kein Theater – auch wenn uns das Bühnenbild (Britta Tönne) exakt das vermitteln möchte. Es gibt auf der Bühne ein Hauptpodest in der Mitte, rechts und links zwei weitere kleinere Schauplätze sowie vier Fenster, die in das Portal der Mittelbühne eingelassen sind. Helen Schneider verkörpert wunderbar Madame Armfeldt, die Grand Dame. Deren Tochter Desirée, eine reisende Schauspielerin, wird von Vera Bolten gespielt und ihr vermutlich ehemaliger Liebhaber von Markus Schöttl. Die drei arrivierten und von Regisseur Gil Mehmert fabelhaft in Szene gesetzten Persönlichkeiten zeigen, wie großes Theater geht: Witz, Pointen richtig setzen, sich Raum nehmen, ohne die anderen zu verdrängen – mit unverkennbarer Stimme die Songs performen, sodass die eigene Identität hinter all der Schminke und den Kostümen immer zum Vorschein kommt. Vera Bolten gehört der einzige wirkliche Evergreen der Show, mit „Wo sind die Clowns“ („Send In The Clowns“) markiert sie den melancholischen Höhepunkt.
Man darf sicherlich behaupten, dass die Studierenden hier eine Menge lernen konnten. Wie so oft wartet die renommierte Folkwang Universität mit sehr gut ausgebildeten Talenten auf. In jeder Sekunde wird klar, dass man es hier mit Menschen zu tun hat, die wir bald auf den Bühnen im ganzen Land sehen werden. Und schnell kristallisiert sich deutlich heraus, wer herausragend singt, wer besonders präzise die sehr angenehm in die Songs eingewobenen Choreografien von Andrew Chadwick tanzt und wer ein ungewöhnliches komödiantisches Talent besitzt. Carl Magnus Graf Malcom beispielsweise wird von Maximilian Lochmüller gespielt, der seit 2021 studiert. Als Infanterist, stets in adretter Uniform, schafft er es mit seiner trockenen Art und vermeintlichen Aufregung, jede Szene zu einem kleinen Showstopper zu machen. Auch des Grafen oft betrogene Frau Charlotte, dargestellt von Elena Franke, trumpft immer mehr auf, sodass das gemeinsame Abendessen im zweiten Akt auf dem Landsitz von Madame Armfeldt zum einen zum komödiantischen Highlight wird und zum anderen die Wahrheiten mehr und mehr ans Licht bringt.
Das amüsante und gleichzeitig sentimentale Treiben begleiten die Bergischen Symphoniker unter der Leitung von Stephan Kanyar. Sie tragen die Künstlerinnen und Künstler souverän durch die Show. Aufmerksamkeit erzielen auch Anna T. Donosa-Danila, Albert Gaßmann, Jonathan Guth, Marie Lina Hanke, Anna Hirzberger, Lino Kalich, Timm Moritz Marquardt, Constanza Pérez de Lana Bonatti, Katalin Rohse, Alina Simon und Yana Somova in kleineren Rollen. Sie werden gewiss bald auf den Bühnen zu erleben sein.
Musikalische Leitung: Stephan Kanyar • Ausstattung: Britta Tönne • Choreografie: Andrew Chadwick • Licht: Michael Grundner • Chor: Tobias Deutschmann • Mit: Helen Schneider (Madame Armfeldt), Vera Bolten (Desirée Armfeldt), Alina Simon (Fredrika Armfeldt), Markus Schöttl (Fredrik Egerman), Anna Hirzberger (Ann Egerman), Jonathan Guth (Henrik Egerman), Elena Franke (Charlotte Gräfin Malcolm), Maximilian Lochmüller (Carl Magnus Graf Malcolm), Constanza Pérez de Lana Bonatti (Petra), Timm Moritz Marquardt (Frid), Yana Somova (Malla), Albert Gaßmann (Mr. Ben Lindquist), Anna T. Donosa-Danila (Mrs. Teri Nordstrom), Katalin Rohse (Mrs. Barbara Anderssen), Lino Kalich (Mr. Gene Erlanson), Marie Lina Hanke (Mrs. Beth Segstrom) • Theaterchor Solingen • Bergische Symphoniker
Aufmacherfoto: Abiramy Arulrasa