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sou227 | MUSICAL TODAY

The Sound of Music

Durch die rosarote Brille

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Landestheater Niederbayern
von
Richard Rodgers (Musik)
Howard Lindsay und Russel Crouse (Buch)
Oscar Hammerstein II (Gesangstexte)
Regie
Ian Talbot
Uraufführung
1959

Passau bekommt für „The Sound of Music“ sein Jodeldiplom

Wenn man sich die Statistik der erfolgreichsten Filme aller Zeiten ansieht, haben Musicals gegen massentaugliche Action- und Fantasy-Spektakel meist nur wenig Chancen. Mit einer Ausnahme: „The Sound of Music“ behauptet seit 1966 konstant seinen Platz in der ewigen Top-Ten-Liste, wo das Starvehikel für Julie Andrews aktuell immer noch auf Platz sechs liegt – und damit inflationsbereinigt nur hauchdünn hinter „Avengers: Endgame“! Dass der Titel in unseren Breiten in der Regel trotzdem nur Musical-Fans geläufig ist, hat viele Gründe, von der weichgezeichneten Lebensgeschichte der Trapp-Familie bis hin zu historischen und geografischen Fehlern, die das legendäre Duo Rodgers & Hammerstein willig in Kauf nahm. Gerade deshalb ist es aber durchaus nicht ohne Reiz, ein Stück Musical-Geschichte auf der Bühne zu erleben, welches das Österreich-Bild vieler internationaler Touristen bis heute prägt.

Touristenfreundlich ist definitiv auch die Inszenierung, die der Brite Ian Talbot nun für das Landestheater Niederbayern erarbeitet hat. Mit viel Trachtenmode und einem klaren Bekenntnis zum Alpen-Kitsch, der schon in der Eröffnungsszene zelebriert wird, wenn Anja Haeseli als Fräulein Maria vor pastellfarbenem Bergpanorama den Titelsong anstimmt. Und dies ironischerweise sogar auf Englisch! In Passau belässt man die Musiknummern nämlich bewusst im Original. Was im Publikum zwar teileweise für Irritation sorgt, gleichzeitig aber dabei hilft, die Gesangstexte nicht immer ganz ernst zu nehmen. Denn auch wenn es sich wunderbar auf „Appelstrudels“ reimen mag, serviert man im Alpenland Schnitzel traditionell eher selten „with noodles“.

Regisseur Talbot nimmt „The Sound of Music“ als das, was es ist. Getreu dem deutschen Filmtitel „Meine Lieder, meine Träume“ zeigt er ein leicht schmalziges Märchen, bei dem die Dreiecksgeschichte zwischen Maria, dem Kapitän und dessen Verlobter ziemlich vorhersehbar abläuft und ebenso wenig vertieft wird wie der Anschluss der „Ostmark“ ans Dritte Reich. Da hätte man gerade in Grenznähe zu Österreich ruhig etwas mehr wagen dürfen. Denn Talbot setzt sehr wohl immer wieder kleine Akzente, wenn etwa die chronisch bei der Andacht verspätete Maria beinahe ihre eigene Traumhochzeit verpasst.

Da gibt es durchaus einiges zum Schmunzeln. Vor allem natürlich in den Szenen der sieben Trapp-Kinder, die sich auch bei dieser Premiere unmittelbar in die Herzen des Publikums jodeln. Beim Rest des Ensembles merkt man vor allem in den hölzernen Dialogen, dass die meisten von ihnen sonst doch eher in der Oper beheimatet sind. Am besten schlägt sich Sabine Noack. Sie verleiht der Mutter Oberin die nötige Autorität und ihrer Hymne „Climb every mountain“ genau das richtige Maß an Pathos. Und auch Antonia Schuchardt weiß die undankbare Partie der Elsa Schrader mit flexiblem Sopran aufzuwerten.

Dass es dazu im Orchestergraben öfter etwas rumpelt und der energisch vorauspreschende Nonnen-Chor hin und wieder eingefangen werden muss, fällt letztlich nicht allzu schwer ins Gewicht. Denn Anja Haeseli trägt den Abend mit ihrer sympathischen Bühnenausstrahlung souverän. Und auch die Chemie mit Peter Tilch als Kapitän von Trapp stimmt. Was kombiniert mit dem spielfreudigen Bühnennachwuchs bei diesem Stück eh schon mehr als die halbe Miete ist. Und ja, gerade bei einer Weihnachtspremiere darf es durchaus auch mal ein bisschen mehr Zuckerguss als sonst sein. Für das nötige Gegengewicht wird die nächste Musical-Premiere des Hauses sorgen, wenn man sich bei „Chicago“ aus europäischer Perspektive über das amerikanische Justizsystem amüsieren darf.


Musikalische Leitung: Basil H. E. Coleman • Ausstattung: Philip Ronald Daniels und Charles Cusick Smith • Choreografie: Aaron Renfree • Einstudierung Chor und Kinder: R.-Florian Daniel • Mit: Anja Haeseli (Maria Rainer), Sabine Noack (Mutter Oberin), Constanze von Kotzebue-Gebauer (Schwester Margaretha), Sarah-Lèna Winterberg (Schwester Bertha), Roberta Kolev (Schwester Sophia), Peter Tilch (Kapitän Georg von Trapp), Christian Pfeilschifter (Franz), Rita Baumgartner (Frau Schmidt), Bastian Wagner (Rolf Gruber), Juliane Tilch (Liesl), Simon Walchshäusl (Friedrich), Ronja Seidl (Louisa), Octavio Paradiso (Kurt), Emma Seidl (Brigitta), Hanna Aigner (Martha), Lena Aigner (Gretl), Kyung Chun Kim (Max Dettweiler), Antonia Schuchardt (Elsa Schrader), Wolfgang Gebauer (Herr Zeller), Franziskus Rohmert (Admiral von Schreiber), Hanse Gastinger (Baron Elberfeld), Miriam Biber (Eine Nonne) • Chor des Landestheaters Niederbayern • Niederbayerische Philharmonie

Aufmacherfoto: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern

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